Anonym: Edda | |
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Ihr Stirnband riß, roth war die Wange,
Ein Regenschauer rann in den Schooß.
Die verhaltnen Thränen tropften nieder,
Und hell auf schrieen im Hofe die Gänse,
Die zieren Vögel, die Zöglinge Gudruns.
„Euch vermählte die mächtigste Liebe
Von allen, die je auf Erden lebten.
Du fandest außen noch innen Frieden,
Schwester mein, als bei Sigurd nur.“
„So war mein Sigurd bei den Söhnen Giukis,
Wie hoch aus Halmen sich hebt edel Lauch,
Oder ein blitzender Stein am Bande getragen,
Ein köstlich Kleinod, über Könige scheint.
Höher hier als Herians Disen.
Nun lieg ich verachtet dem Laube gleich,
Das im Forste fiel, nach des Fürsten Tod.
Den süßen Gesellen: das schufen die Giukungen.
Die Giukungen schufen mir grimmes Leid,
Schufen der Schwester endlosen Schmerz.
Wie ihr übel die Eide hieltet.
Nicht wirst du, Gunnar, des Goldes genießen:
Dir rauben die rothen Ringe das Leben,
Weil du Sigurden Eide schwurst.
Als mein Sigurd den Grani sattelte,
Und sie um Brynhild zu bitten fuhren,
Die unselige, zu übelm Heil.“
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/213&oldid=- (Version vom 31.7.2018)