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Anonym: Edda

22
In das Horn hatten sie   allerhand Stäbe

Röthlich geritzt;   ich errieth sie nicht.
Den langen Lindwurm   des Lands der Haddinge,
Ungeschnittne Ähre   und Eingang von Thieren.

23
Im Gebräude beisammen   war Bosheit viel,

Allerlei Wurzeln   und Waldeckern,
Thau des Heerdes   und Thiergeweide,
Gesottne Schweinsleber,   die den Schmerz betäubt.

24
So vergeben   vergaß ich da

Der Gespräche Sigurds   all im Saal.
Könige kamen   vor die Kniee mir drei
Ehe sie selber   naht’ und sagte:

25
„Ich gebe dir, Gudrun,   das Gold empfange,

Dein volles Erbgut   nach des Vaters Tod,
Blanke Ringe,   die Burgen Hlödwers
Und des todten Fürsten   Fahrniss all.

26
Hunische Töchter,   die Teppiche wirken

Und Goldgürtel,   dich zu ergetzen.
Du allein sollst schalten   über die Schätze Budlis
Mit Gold begabt   als die Gattin Atlis.


Gudrun.
27
Keinem Manne mehr   will ich vermählt sein,

Noch Brynhildens   Bruder haben.
Mir geziemt nicht   mit dem Erzeugten Budlis
Das Geschlecht zu mehren   und zusammen zu leben.


Grimhild.
28
Nicht wolle den Harm   den Helden vergelten,

Begannen wir Giukungen   gleich den Zwist.
So sollst du laßen   als lebten dir beide,
Sigurd und Sigmund,   wenn du Söhne gewinnst.


Gudrun.
29
Nicht mag ich mich mehr   ermuntern, Grimhild,

Und keinem Helden   Hoffnung gewähren,
Seit ich schwelgen   an Sigurds Herzblut
Den Raben sah,   den raubgierigen.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 211. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/219&oldid=- (Version vom 31.7.2018)