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Anonym: Edda

14
„Im neuen Ehebett   hofft ich Verbeßerung,

Zum dritten Mal   vermählt einem König.
Kinder gewann ich   zu Wächtern des Erbes,
Zu Schützern des Erbes   die Söhne Jonakurs.

15
„Mägde saßen   um Swanhilden;

Der Erzeugten liebt ich   zärtlicher keinen.
So schien Swanhild   in meinen Sälen
Wie ein Sonnenstral   die Sinne labte.

16
„Ich gab ihr Gold   und gutes Gewebe

Eh sie gegiftet ward   ins Gotenreich.
Da hab ich den härmsten Harm empfunden,
Als die leuchtenden   Locken Swanhildens
In den Staub stießen   stampfende Rosse.

17
„Das war mir das Schwerste,   als den Sigurd sie,

Den siegberaubten,   mir erschlugen im Bett,
Und das am Grimmsten,   da Gunnarn dort
Das Leben fraßen   die falschen Schlangen;
Aber am schärfsten   schnitt mir ins Herz,
Da sie lebend zertheilten   den tadellosen.

18
„Viel Leides gedenkt mir,   viel langen Kummers.

Säume nicht, Sigurd!   dein schimmernd Ross,
Das laufgeschwinde,   lenk es hieher.
Nun sitzt hier weder   Schnur noch Tochter,
Der Gudrun gäbe   goldene Zierden.

19
„Gedenke, Sigurd,   was wir sprachen,

Da wir beide   im Bette saßen:
Daß du kommen wollest,   Kühner, zu mir
Aus der Halle der Hel,   mich heimzuholen.

20
„Schlichtet nun, Jarle,   die Eichenscheite,

Daß sie hoch sich heben   unter dem Himmel,
Die leidvolle Brust mir   das Feuer verbrenne,
Vor Hitze der Harm   im Herzen schmelze.

21
„Allen Männern   werde sanfter zu Muth,

Allen Schönen   lindr es die Schmerzen,
Wenn sie mein Harmlied   zu Ende hören.“

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 242. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/250&oldid=- (Version vom 31.7.2018)