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bis in die neueste Zeit zu bewahren gewußt. Seit der Einrichtung der Leipziger Messen, die schon in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu Jubilate und Michaelis abgehalten wurden, und denen Friedrich der Sanftmütige 1458 noch die Neujahrsmesse hinzufügte, war Leipzigs Name als Handelsstadt im ganzen Deutschen Reiche und darüber hinaus bekannt. 1497 erhielt die Stadt dazu das Stapelrecht in einem Umkreise von 15 Meilen. Trotz aller schweren Geschicke und Kriegsunruhen, namentlich im 30-jährigen Kriege und in der Völkerschlacht 1813, blüht Handel, Industrie und Gewerbe neben Kunst und Wissenschaft noch heute in Leipzigs Mauern, wie in keiner zweiten Stadt unseres engeren Vaterlandes. Es gibt in Leipzig etwa 4000 selbständige, namhafte Handelsgeschäfte, welche etwa 270 Branchen angehören. Der Handel erstreckt sich hauptsächlich auf folgende einheimische und ausländische Produkte: Englische, belgische und schweizerische Garne, inländische Strick- und Kammgarne, Zephirwolle, rohe Seide, Baumwoll- und Wollwaren, Tuche, halbseidene Stoffe, Leinenwaren, Batist, Ledertuche, Tüll zu Spitzen, ferner Eisen, Kurzwaren, Uhren, Glaswaren, Farbewaren, Porzellan, Steingut, Papier, Leder, Häute, Düngemittel, Borsten, Kolonialwaren und Droguen. Für Rauchwaren gilt Leipzig als Weltmarkt. Der erste Handelsplatz ist es auch hinsichtlich des deutschen Buchhandels geblieben. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts wird zu Kantate die Buchhändlermesse in Leipzig abgehalten, die schnell die Messe in Frankfurt a. M. überflügelte, und die Stadt an der Pleiße zum Hauptstapel- und Kommissionsplatz des deutschen und zum Teil auch ausländischen Buch-, Kunst- und Musikalienhandels machte. Es bestehen ungefähr 300 bedeutsame, buchhändlerische Firmen, zu denen namhafte Papierhandlungen, Buchbindereien, Schriftgießereien, Buchdruckereien, Steindruckereien usw. kommen. Was die Industrie anlangt, so ist Leipzig selbst keine eigentliche Fabrikstadt gewesen. Erst durch Einverleibung verschiedener Vororte, Reudnitz, Neuschönefeld, Lindenau, Plagwitz, Gohlis und Eutritzsch, in denen die großen Fabrikanlagen errichtet wurden, ist es zu einer solchen geworden. Die Hauptzweige der Industrie sind Tabak- und Cigarren-, Pianoforte-, Wachstuch-, Maschinen-, Nähmaschinen-, Werkzeug- und Geldschrankfabrikation. Ferner ist bemerkenswert die Herstellung ätherischer Öle, Chemikalien, Fette, die Fabrikation von Lack und Firnis, Sprit und Düngemitteln, Wäsche und Weißwaren, Gummiwaren, künstlichen Blumen, Korbwaren, Möbeln, Konfektions- und Luxusartikeln usw. Die Leipziger Wollkämmerei und Kammgarn-Spinnerei haben es in kurzer Zeit zu großer Bedeutung gebracht.

Diese rege industrielle Thätigkeit Leipzigs konnte auf seine Umgebung nicht ohne wohlthätigen Einfluß bleiben und schon in früher Zeit entwickelte sich auch in den kleineren Städten des Kreises ein reger Gewerbefleiß, eine segensreiche, industrielle Thätigkeit. In Markranstädt entstanden bedeutende Rauchwarengerbereien und Färbereien, Zuckerfabriken, eine Fabrik für Chemikalien und Knochenpräparate, Ziegeleien und Kalkbrennereien. In Taucha, das einst als Handels- und Stapelplatz Leipzig den Rang streitig machen wollte und die nördlichste Stadt des Königreichs ist, werden besonders Tischler- und Posamentierwaren gefertigt (Divans, Sophas, Rohrstühle) und auch Liebertwolkwitz beschäftigt sich neben einem ergiebigen Sandhandel vornehmlich mit Stuhlbauerei. Wandern wir nun an der Elster hinauf, so stoßen wir auf das Landstädtchen Zwenkau, die Stadt Pegau und Groitzsch. Zwenkau hat zahlreiche Ziegeleien, Schuhmacherei und Korbwarenfabrikation, Pegau, hauptsächlich

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Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/18&oldid=- (Version vom 23.2.2020)