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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

betete; die Musik war schön und voll von inniger Andacht. Ein frommer und inspirirter Geist hatte seine Seele ihr eingehaucht, und ich betete mit ihr. Die Domkirche ist schön und hell, obschon nicht groß. Es sind einige Gemälde da, die mir Vergnügen machen. Eines von ihnen stellt die Geister im Fegfeuer dar; über den Flammen schwebt die Madonna mit dem Kind, erbarmungsvoll herabblickend. Einige Seelen bemerken sie, werden von ihrer Schönheit ergriffen, und während sie zu ihr emporschauen und unwillkürlich anbeten, erheben sie sich aus den Flammen, ohne es selbst zu bemerken.

Ein anderes Gemälde zeigt die heilige Jungfrau, die auf der Erdkugel steht. Ihr Blick ist im Himmel, ihr Gebet, ihre ganze Seele lebt da, und ohne daran zu denken, tritt sie auf die Schlange, die über die Erde hinschleicht. Diese Gemälde sind offenbar aus einer Zeit von tiefem geistlichem Leben.

Die Gebeine des Columbus ruhen in der Domkirche; eine weiße Marmortafel in der Wand neben dem Chor zeigt den Platz. Sie enthält auch seinen Kopf in Basrelief; unter demselben sind einige Symbole von sehr gewöhnlichem Schlag, und unter diesem eine Inschrift, matt, platt und schlecht zusammengesetzt, des Inhalts, daß sein Staub hier ruhe, daß aber sein Ruf durch mehrere Jahrhunderte leben werde.

Ich besuchte eines Tags die Kirche mit Mr. Vassar und wurde dahin von einem Jüngling geleitet, der zu den jungen Priestern der Kirche zu gehören schien. Als er hörte, daß Mr. Vassar in Jerusalem gewesen, wurde er ganz vergnügt, hörte so angelegentlich seine Erzählungen von dem heiligen Grab und den heiligen Orten in der Nähe der Stadt, und zeigte uns mit solchem Eifer alles Merkwürdige in der Kirche, daß es eine wahre Freude war ihm zuzusehen.

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/100&oldid=- (Version vom 14.9.2022)