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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

hat die schönsten dunkeln Augen, die ich je in einem dunkeln Gesicht gesehen (obschon diese gewöhnlich schöne Augen haben), Zähne gleich orientalischen Perlen und ein stilles, sanftes, ungewöhnlich ernstes Wesen. Aber die arme Cäcilie ist schwer krank und wahrscheinlich unrettbar, denn sie hat Lungengeschwüre, und Mrs. Baley wollte, daß sie ein wenig das Landleben und die Landluft genießen sollte. Cäcilie hat sich vor Kurzem mit einem jungen Mann ihrer Farbe verheirathet; sie ist glücklich in ihrer Ehe und bei ihrer Herrschaft, und sie würde gerne noch länger leben. Im Bauernhof verdolmetschte sie der Fermiera meinen Wunsch, worauf diese mit großen, eifrigen Geberden erklärte, daß ihr ganzes Haus zu meiner Verfügung stehe. Ich richtete mich in dem luftigsten der kleinen Häuser ein, in einem solchen, das auch eine ländliche Piazza hatte, beschattet von dem palmblattbedeckten Dache. Die Zimmerböden waren bloße Erde, die Zimmer selbst aber waren ordentlich und hatten ziemlich saubere Betten. Im eigentlichen Schlafzimmer war ein kleines Bild, die Jungfrau Maria und das Jesuskind vorstellend, mit einer spanischen Inschrift an die Wand geklebt. Ich fragte die gute Frau, was dieß bedeute, und sie antwortete mit andächtiger Miene, da stehe geschrieben, daß jeder, der ein solches Gemälde kaufe, Ablaß auf vierzig Tage erhalte. Es stand auch richtig unter das Gemälde gedruckt, daß solcher Ablaß allen Gläubigen gewährt werde, welche unserer lieben Frau vom Rosenkranz ein Salve widmen würden. Unter dem Bild stand ein spanischer Vers, worin die heilige Jungfrau Maria eine süß duftende Rose im himmlischen Garten genannt wird.

Diesen Ablaß für vierzig Tage Sünden konnte man für einen Viertelspeso, ungefähr einen Reichsthaler nach unserem Geld, kaufen. Daß Menschen in einem Lande, wo solche Sündenvergebungen noch offen

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/138&oldid=- (Version vom 14.9.2022)