Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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sich von den Mauern losmachen zu wollen schienen, tausend phantastische, theils hübsche, theils groteske und häßliche Figuren — ah! in diesen Schlupfwinkeln der Natur scheint die ganze dunkle Welt enthalten zu sein, welche die geheime Werkstätte des Menschenherzens in sich schließt, aber deren Gestalten wir nicht sehen, außer wenn ein düsteres Feuer in finstern Augenblicken aufflammt. Was ich hier sah, hatte ich in meiner eigenen Brust schon lange vorher gesehen. Und ich weiß, daß es noch da vorhanden ist, obschon Gott die Sonne eindringen und die Palme in den nächtlichen Räumen aufwachsen ließ; ich weiß, daß es jenseits der lichten auch noch dunkle, nächtliche, mir selbst unbekannte, oder wenigstens für das ganze irdische Leben unklare Räume gibt. Aber auch die Geheimnisse des Lebens werden blos augenblicklich und unvollkommen auf Erden aufgeklärt.
Die bestimmteste und schönste Formation in diesem Grottengewölbe war der Pfeiler. Der Tropfen sickert von der Höhe des Gewölbes durch, fällt auf die Erde und erstarrt. Aus erstarrten Tropfen wächst eine kegelförmige Erhöhung; aus erstarrten Tropfen bildet sich eine solche auch oben, und während des Falls der Tropfen wachsen diese gegen einander. Nach Jahrhunderten begegnen sie sich und bilden eine Colonne, welche das Gewölbe zu tragen scheint und nicht selten einer versteinerten Palme gleicht. Mehrere solche Palmenpfeiler standen im Gewölbe der Grotten; mehrere waren noch in ihrer Bildung begriffen. Die Macht des Tropfens ist groß.
Ich bin auf dem Waideland umhergegangen, habe Schmarotzerpflanzen betrachtet und Bäume abgezeichnet. Ein Wald auf Cuba ist eine Zusammenrottung von
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 153. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/171&oldid=- (Version vom 15.9.2022)