Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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Neben der Piazza ist mein angenehmes Stübchen, wo ich eine weite Aussicht genieße, aber auch sehr oft von kleinen Negerjungen gestört werde, die an dem Eisengitter vor meinem Fenster hinaufklettern, zu mir hereingucken und rufen: „buen dies, Sennora! Good morning, Missis!“ was ungeachtet ihrer gutmüthigen fröhlichen Gesichter, ihrer glänzenden Augen und Zähne nicht immer angenehm ist, wenn man gerne Ruhe haben möchte. Aber es ist wirklich eine Lust zu sehen, wie furchtlos die Negerkinder auf dieser Pflanzung sind; die gute mütterliche Dame und ihre Töchter bewirken das, und die Kinder werden augenscheinlich wohl verpflegt, die etwas älteren auch gut gekleidet. Sie springen frei umher und folgen uns zuweilen schaarenweise auf den Promenaden. Man sieht die ältern Kinder die jüngern tragen, die rücklings auf ihren linken Hüften sitzen, während die älteren sie mit dem linken Arm emporhalten, der um den perlengeschmückten Leib des jüngeren geschlungen ist. So sehe ich sie sich herumtummeln und auch ganz frei herumspringen; besonders zeigen sich die Mädchen sehr flink, und ich muß oft ihre schönen und feinen Körperbildungen bewundern.
Die Sklaven auf dieser Pflanzung scheinen mir wohlgenährt und wohl zufrieden zu sein. Sie wohnen auch nicht in einer eingeschlossenen gefängnißartigen Bohea, sondern die Bohea liegt frei, und ich habe da Wohnzimmer gesehen, die sich mit denen der americanischen Sklavenwohnungen vollkommen vergleichen lassen. Die gute Dame liebt ihre Leute und verpflegt mütterlich die Schwachen und Kranken.
Ihren sanften Lippen schreibe ich folgende Worte nach:
„Es ist eine große Sünde die Neger böse zu nennen. Es gibt unter ihnen Gute und Böse, wie unter
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/201&oldid=- (Version vom 15.9.2022)