Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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ein reines Leintuch und eine saubere leichte Decke erhalten. Ich bekam eine Tasse Thee mit Brod und eine Nachtlampe. Mein Freund Raymundo sorgte mit gravitätischer Artigkeit für mich. Und so blieb ich allein recht vergnügt mit meinem Schicksal, und zu mir herüber schollen die Töne einer Guitarre nebst einem tremulirenden, einförmigen, aber anmuthigen melancholischen Gesang mit dem Character der spanischen Seguidillas. Beim Klang dieser Töne entschlummerte ich in einem kühlen Bett und hatte eine vortreffliche Nacht, ungestört von den einzigen blutdürstigen Räubern, die ich fürchtete, den Mücken und Flöhen.
Als ich erwachte, erblickte ich meines Freundes Raymundo ehrfurchtsvolles Gesicht vor meinem Fenster gegen den Hof zu, mit der Anfrage, ob ich Etwas befehle. Ich befahl Caffee und huevos (Eier).
Während ich frühstückte, wurde La Miranda auf eine Art angemeldet, welche bewies, daß er hier am Ort als eine Macht ersten Ranges galt.
Und bald ließ Don Ildefonso Miranda seinen Besuch anmelden, den ich in einem an das meinige stoßenden Zimmer von derselben anspruchslosen Beschaffenheit entgegennahm.
Don Ildefonso Miranda pfiff[1] den Leuten in der Posada, und sie flogen herbei, um seine Befehle zu empfangen; er winkte mit der Hand und sie flogen nach allen Seiten, um sie auszuführen.
La Miranda, wirklich ein vollendeter Caballero, war gegen mich unendlich artig in Ton und Manieren; er stellte mir seine Volante und seinen Calashero zur
- ↑ Den Dienstboten zu pfeifen, wenn man sie ruft, ist allgemeiner Brauch auf Cuba, und sie haben dieß auch unter sich im Brauch. Der Ton ist mehr ein zischender als ein pfeifender Laut, er gleicht einem scharfen St! und wird ziemlich weit gehört.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/245&oldid=- (Version vom 15.9.2022)