Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band.djvu/311

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

und Arbeit gewöhnt wäre. Und ich theile vollkommen die Ansicht eines klugen alten Mannes, daß die Möglichkeit künftiger Befreiung aus der Sklaverei hier zu Lande mehr in der Gewalt der Frauen, als der Männer liege.

Junge Mütter der Menschheit habe ich die jungen Lehrerinnen aus den Staaten Neuenglands, die Töchter der Pilgerväter, genannt. Den jungen Weibern der südlichen Staaten ist ein ähnliches Amt angewiesen, und zwar ein so nahe liegendes und so natürliches, daß es mir scheint, als sei es ihnen von Gott Vater selbst angewiesen.

Es ist auf den südlichen Plantagen allgemeiner Brauch, daß, so lange die Sklaven, Männer und Weiber, draußen bei der Arbeit sind, alle Kinder unter der Aufsicht etlicher Weiber an einem Ort versammelt gehalten werden. Ich habe sie so zuweilen in einer Anzahl von 60, 70 und noch darüber beisammen gesehen, und ihre Aufseherinnen waren alte Negerhexen, die mit Binsenruthen in den Händen die Herrschaft über die schwarzen Lämmer führten, welche mit unverkennbarem Ausdrucke von Angst und Schrecken sich in Haufen zurückdrängten, wenn die gefürchteten Hexen ihre Ruthen schwingend auf sie zukamen. In kleineren Plantagen, wo weniger Kinder und die Aufseherinnen sanftere Personen sind, ist die Scene nicht so anstößig, erinnert aber doch immer an eine Heerde Schafe oder Schweine, die man bloß füttert, damit sie eßbar gemacht werden. Und gleichwohl sind diese Geschöpfe Menschen mit der Fähigkeit zur edelsten menschlichen Entwickelung, was Gefühl und Tugend betrifft, Menschen mit unsterblichen Seelen.

Hier liegt der Stoff zur Sonntagsschule bereits fertig vor. Aber wo ist der Lehrer? Wo ist die Lehrerin? Die Kinder werden am Morgen hieher getrieben, werden am Morgen, Mittag und Abend wohl gefüttert,

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/311&oldid=- (Version vom 14.9.2022)