Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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und beweist ihre Mutterliebe oft hauptsächlich dadurch, daß sie ihre Kinder verzieht, daß sie alle ihre Launen und Wünsche begünstigt, wie sie selbst im elterlichen Hause verzogen und begünstigt worden ist. Disciplin und Strenge überläßt sie der Schule, in welche das Kind frühzeitig kommt. Und die Schule thut, was sie kann. Sie gibt dem äußern Menschen einige Kenntnisse, einige Dressur, läßt aber den innern ungefähr so, wie er aus dem Mutterhause gekommen ist.
Daher — besonders in den Sklavenstaaten, die Maßlosigkeit in Launen und Handlungen, der Mangel an strengerer Moral und Gewissenhaftigkeit, den man dem americanischen Jüngling nicht ohne Grund vorwirft, und die Unordnungen, die hieraus in den Familien und in der Gesellschaft entstehen[1]. Die starken Frauen, die in Strenge und Liebe Bürger erziehen, diese Frauen, wie Lykurg sie bilden wollte, um seine Republik stark und groß zu machen, sie findet man hier nicht.
Auch ist dieser antike Typus von Stärke nicht das Einzige, was Noth thut. Die neue Welt kennt einen andern. Und würde dieser allgemein werden, würde das Weib in den Vereinigten Staaten Americas das werden, was es werden kann, und den in ihrer Macht liegenden Einfluß auf die Seelen der Kinder und Männer, auf das Gesellschaftsleben und die großen Interessen des Staates ausüben, so würden die Vereinigten Staaten auch das Staaten-Ideal werden.
Mehrere ausgezeichnete und liebenswürdige Frauen
- ↑ Ich muß jedoch sagen, daß sie, obschon sie hier größern Lärm von sich machen, mir nicht schlimmer erscheinen, als die Unfuge, die in europäischen Staaten mehr in der Stille und in größerer Menge getrieben werden.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/318&oldid=- (Version vom 14.9.2022)