Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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Ich habe die Insel der Sonne und der Palmen verlassen und befinde mich wieder auf dem festen Land. Am dritten Mai ging ich an Bord des schönen, aber theuern Dampfschiffes Isabel.
Der letzte Anblick, den ich von der Königin der Antillen hatte, zeigte sie mir von düstern Wolken umschwebt bei einem aufsteigenden Gewitter. Das Meer ging hoch, das Schiff schwankte stark und das Morrolicht glänzte wie eine Brandfackel von dem hohen Leuchtthurm herab, so oft eine Welle stieg, und verbarg sich dann wieder, wenn das Schiff in den Schooß der Wogen hinabsank. Das schöne, klare Licht, das mich in Cubas Abenden und Nächten so oft erfreut hatte, erschien mir jetzt bei dem zunehmenden Wind und in der immer dunkler werdenden Nacht wie ein Unglückssignal, das aus dem stürmischen Horizont hervorblitzte. Den Tag zuvor war Sonnenfinsterniß gewesen und um die Sonne her ein großer schwarzer Ring. Diese Zeichen scheinen mir prophetisch. Denn der innere Zustand auf Cuba, der Despotismus der Regierung, ihre Geldgier und Feilheit, das bittere Mißvergnügen der Creolen, die Lage der Negersklaven, der fortgesetzte Sklavenhandel, welcher die Insel jährlich mit Tausenden von wilden Africanern bevölkert, die lüsternen Blicke, welche die americanische Regierung auf diese neue Helena wirft, alles das verkündet eine sturmvolle Zukunft und vielleicht eine entsetzliche blutige Krisis. Möge meine Prophezeiung sich nicht erwahren!
Ach diese schöne Insel, mit ihren lieblichen Winden,
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 303. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/321&oldid=- (Version vom 14.9.2022)