Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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mir. „Ihr Herr hat für einen Mann, der Bankrott machte, Bürgschaft eingegangen, und damit die Bürgen nicht seine Dienstboten wegnehmen und in die Auction schicken, hält man sie so lange eingesperrt, bis er Gelegenheit bekommt sie wieder zu sich zu nehmen.“
„Sie sehen,“ fügte einer der Richter hinzu, „daß man die Leute zu ihrem Schutze, um ihres Besten willen hier eingesperrt hat.“
„Wie lange können sie da sitzen müssen?“ fragte ich, indem ich an den absonderlichen Vortheil dachte, den sie von dem täglichen Umgang mit den „unschuldigen,“ der gröbsten Verbrechen angeklagten weißen Damen haben mußten.
„O höchstens zwei bis drei Wochen, eine ganz kurze Zeit,“ antwortete der Richter.
Eines der jungen Negermädchen lächelte halb wehmüthig, halb ironisch. „Zwei Wochen!“ sagte sie; „wir sitzen bereits zwei Jahre da.“
Ich sah den Richter an. Er schien etwas verblüfft zu sein. „O,“ sagte er, „dieß ist ein besonderer, ein sehr ungewöhnlicher Fall. Es ist ein Ausnahmsverhältniß … etwas höchst Seltenes.“ Und er eilte mich wegzuführen.
Wieder und immer wieder diese Ungerechtigkeit gegen Menschen, deren ganze Schuld in einer dunkelgefärbten Haut besteht.
Gleich nach dem Mittagessen besuchte ich das katholische Waisenhaus für zweihundert kleine Mädchen, die von fünfzehn barmherzigen Schwestern verpflegt werden — eine schöne und gut gehaltene Anstalt. Kaum nach Hause gekommen, wurde ich in die französische Oper abgeholt. Man gab „Jerusalem“ von Verdi und zwar recht gut. Die Primadonna, Madame D., steht bei dem Publikum in hoher Gunst und verdient dieß durch ihre schöne Gestalt, durch das Edle in ihrem Wesen und ihren ausgezeichnet musikalischen
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/33&oldid=- (Version vom 20.8.2021)