Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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und aus dem Magnolienhain flötet der Whip poor Will seine melodischen, aber einförmigen Töne.
Bei Tag ist die Sonnenhitze stark und — möge St. Matthäus sich unser erbarmen!
Ich schreibe Dir jetzt aus dem Innern des blühenden Florida, ruhend auf einem seiner spiegelklaren Binnenseen, mit grunzenden Alligatoren, die um unsere kleine schwimmende Wohnung (ein sehr schwaches Dampfboot mit Namen Sarah Spalding) herumschwimmen. Ein Kranz von dunkelgrüner Waldung, ähnlich einem Myrthenkranz, umgibt den stillen See, denn die Orangen- und Palmettohaine, sowie die Cypressenwälder, lassen sich in dieser Entfernung nicht unterscheiden. Das ganze Ufer ist niedrig, der See spiegelruhig und Alles rund umher sehr still. Keine Städte und Thürme, keine Dampfboote und Flotten, keine Menschen außer uns Floridafahrern. Hier ist junges Land, ja beinahe noch wildes Land. Aber wie froh bin ich nicht, daß ich mich jetzt mitten in Floridas poetischen Wildnissen befinde, daß ich von seiner reichen wunderbaren Naturpoesie Etwas gesehen habe.
St. Matthäus erwies sich uns als ein guter Apostel, und am 18. Nachmittags nahm er uns gestrandete arme Sünder, die jedoch von keiner Noth wußten und weiter nichts zu klagen hatten, als daß es verdrießlich war, in einem Dampfboot auf einer Landzunge mitten im heißen Sonnenschein stille zu liegen, sammt und sonders in seinem Schooß auf. Unser Kapitän dagegen
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/330&oldid=- (Version vom 14.9.2022)