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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Endlich kam der Augenblick, wo er sich erhob, um zu sprechen. Er that dieß mit großer Einfachheit, ohne Grazie aber ohne Verlegenheit, und begann seine Rede ohne die Leichtigkeit des früheren Redners, aber mit Ruhe und Klarheit. Im ersten Theile gab er eine kurze Uebersicht über die Völker der Vorzeit in Bezug auf das was sie groß gemacht oder gestürzt habe. Er wies nach, daß die Sklaverei überall, wo sie sich vorgefunden, die Völker, welche sie hatten, hinabgezogen und zuletzt ihren Verfall verursacht habe.

Als ich diese Ausführung hörte, da gestehe ich, daß mein Herz hoch zu klopfen begann. Ists möglich, dachte ich, werde ich wirklich einmal, und zwar hier im Sklavenstaat, vor dieser Versammlung von eigenliebigen und eigensüchtigen Sklavereibegünstigern, einen Jüngling hören, der öffentlich und mannhaft gegen die schwache Seite des Südens und den Nachtschatten der neuen Welt seine Stimme erhebt?

Ja, diese Freude sollte mir zu Theil werden. Der Jüngling fuhr muthig fort auf America die Grundsätze anzuwenden, deren Folgen er in der Geschichte Asiens und Europas nachgewiesen hatte. Mit klarer Logik und mit ungemeiner Reinheit und Bestimmtheit im Ausdruck sagte er zu seinen Landsleuten: „Ich klage euch nicht an, daß es euch an Muth, Adel und Sinn für das Gute und Schöne, an Unternehmungsgeist, Gottesfurcht u. s. w. fehle, aber ich klage euch an, daß ihr den Armen unter eurem Volk keine Erziehung gebt, daß ihr nicht auf die Emporhebung der niedrigen

Classen im Lande hinarbeitet[1].“ Der Redner erklärte,


  1. Diese Anklage hat hier einen guten Grund, da in Virginien in Folge der hemmenden Kette der Sklaverei, welche die Zunahme der Schulen verhindert, über 80,000 weiße Menschen sind, die weder lesen noch schreiben können. Die Bevölkerung Virginiens wird, Weiße und Schwarze zusammengenommen, auf ungefähr 11/2 Million Seelen berechnet.
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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 386. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/404&oldid=- (Version vom 4.12.2023)