Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
|
daß es äußere Spuren hinterläßt; es schneidet nicht ins Fleisch ein.“
Die Sklaven können mehrere Monate in diesen Gefängnissen sitzen, bevor sie verkauft werden.
Die südlichen Staaten sollen sich, sagt man, durch Religiosität auszeichnen; die Leute gehen in die Kirche, schicken Missionäre nach China und nach Afrika. Aber die unschuldig gebundenen Sklaven in ihren eigenen Gefängnissen lassen sie ohne Unterricht und Trost.
Noch einmal — was könnten, was sollten nicht die Frauen hier thun!
Ich habe schöne junge Mädchen erklären gehört, sie seien stolz darauf Americanerinnen und ganz hauptsächlich Virginierinnen zu sein. Ich hätte sie in diese Jails führen und sehen mögen, ob sie Angesichts derselben auf ihre Eigenschaft als Virginierinnen und auf die Institutionen Virginiens stolz sein könnten.
Auch hier, wie überall auf meiner Pilgerfahrt, habe ich gute und denkende Menschen kennen gelernt, die ein vollständiges Gegengewicht gegen die nichtdenkenden oder nicht guten bilden und mich an den Ort und die Gesellschaft fesseln, worin ich lebe. Zuvörderst unter den guten steht die Familie, in der ich jetzt als Gast verweile; ja die Frauenzimmer da sind so zartherzig, besonders gegen das Negervolk, daß ich hier auf der rückhaltenden und weniger liberalen Seite stehe, während ich mich doch innig daran erfreue warme Herzen bloß durch übertriebene Güte für einen bedrückten Völkerstamm fehlen zu sehen. Ein solcher Anblick ist selten im Sklavenstaat. Angenehme und kluge Frauenzimmer, gefällige und denkende Männer haben mir manchen frohen Augenblick bereitet und mein Herz durch ihre Freundlichkeit und Gastfreundschaft erwärmt.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 393. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/411&oldid=- (Version vom 5.12.2023)