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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Concord reiste ich vor 5 Tagen, begleitet von — ihm selbst. Es war mir miserabel zu Muthe, ich weiß nicht ob von etwas, das ich am Abend gegessen hatte, oder von der bloßen Erschütterung der Reise nach einer neuen Heimath, deren Vorgefühl mich nicht hatte schlafen lassen. Fiebermatt und niedergeschlagen saß ich an der Seite des starken Mannes; still und ohne auch nur ein Wort sagen zu können, drehte ich maschinenmäßig den Kopf, als er mir einige historisch merkwürdige Stellen bezeichnete. Und er sah wohl, wie es mit mir stand und ließ mich schweigen. Fiebermatt und mit einem Gefühl, als wollte ich auseinanderfallen, war ich den ersten Abend in Emersons Haus; dann aber — waren es einige weiße Nichtspülverchen, oder die reine, schneefrische Luft (wir hatten einen recht schönen schwedischen Winter in Concord), oder war es die Anwesenheit dieses starken und stärkenden Geistes, in dessen Wohnung ich mich befand, oder wirkte alles das zusammen — kurz, es besserte sich mit mir, ich fühlte mich leicht und wohl. Und während meines 4tägigen Aufenthalts in Emersons Haus machte es mir einen wahren Genuß, diese starke, edle, adlerartige Natur zu betrachten. Die Berührung war indeß unvollkommen, denn unsere Naturen und Ansichten sind im Grund allzu ungleich und die heimliche Feindschaft gegen ihn, die neben meiner Bewunderung in mir lebt, bricht sich mitunter Bahn und ruft leicht seine zurückhaltende, kalte Eisalpennatur hervor. Aber dieß ist nicht sein ursprüngliches Element, er gedeiht nicht recht darin, er gibt es gerne auf, wenn er kann, und befindet sich, das sieht man, wohl in einer milden und sonnigen Atmosphäre, wo die natürliche Schönheit seines Wesens frei athmen und blühen kann, von Andern berührt, wie von einem belebenden Winde.

Es war mir ein Genuß, ihn in seinem Wesen, seinen Ausdrücken, seinen Reden, seinem Alltagsgange

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/185&oldid=- (Version vom 9.9.2019)