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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Niemand kann zu viel leiden und Niemand kann zu früh fallen, wenn er in der Vertheidigung der Freiheit und Verfassung seines Landes leidet und fällt.“

Webster hatte seine Rede leise, bedrückt und in scheinbarer Leblosigkeit begonnen. Gegen Ende derselben hatten seine Wangen Jugendgluth bekommen, seine Gestalt richtete sich auf, zeigte sich schlank und lebensvoll, und bei den letzten Worten stand er in voller, beinahe apollischer Mannesschönheit inmitten der bezauberten, lauschenden Versammlung; er blieb ruhig, ohne sichtbaren Affekt, noch stehen, aber er schien sich glücklich und frei zu fühlen in der Erhabenheit des Gesanges, den er erhoben. Ach! hätte er einen noch schöneren, noch höheren Gesang erhoben, so wäre Alles vollkommen gewesen — der Sieg des Lichtes und der seinige. Aber indem er für Californiens Freiheit sprach, sprach er zugleich für die Einfangung geflüchteter Sklaven selbst in den bisher freien Ländern — und kein Fleck auf Amerikas Erde sollte hinfort mehr eine Heimath der Freiheit genannt werden können. Die unglückseligen Verhältnisse, die politische Nothwendigkeit trieb ihn dazu. Er konnte nicht anders handeln. Das glaube ich. Und ich stimme auch in sein Glaubensbekenntniß ein: „Ich glaube an eine gesunde Lebenskraft bei den Nationen u. s. w.“ Dieses Glaubensbekenntniß wird sich, glaube ich, als prophetisch wahr erweisen. Aber ich will jetzt von dem Eindruck seiner Rede sprechen. Nie habe ich einen Vortrag gehört, der ergreifender und elektrischer gewirkt hätte. Aus der tiefen Stille, worin die Versammlung, gleichsam mit zurückgehaltenem Athem, ihm lauschte, schaffte sich einmal ums andere das Beifallsgetöse wie ein hervorbrechender Donner Luft. Einmal ums andere mußte der präsidirende Senator (von Alabama), und zwar zuletzt recht scharf, die Zuhörer auf den Gallerieen erinnern, daß solche Beifallsbezeugungen

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 96. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/114&oldid=- (Version vom 4.8.2020)