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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

habe das Vermögen des Vaters verschleudert und ihn so weit zurückgebracht, daß er sich in seinen alten Tagen durch harte Arbeit habe ernähren müssen; ich glaube, er war Karrenbauer, mußte also Schutt und Steine zu Straßen- und anderen Bauten führen. Endlich wurde der Alte krank und fühlte, daß sein Ende nahe war. Da schickte er seiner früheren Eigenthümerin Miß *** einen Boten und ließ sie bitten zu ihm zu kommen, er könne sonst nicht ruhig sterben. Sie begab sich in seine Wohnung und fand den Alten in einem dürftigen Stübchen bettlägerig und sehr schwach.

„Missis!“ sagte er, „Sie sind immer gut gegen mich gewesen, und ich habe gedacht, ich müsse Ihnen etwas sagen, was mir schwer auf der Seele liegt, und Sie bitten mir zu helfen, wenn Sie können!“

Miß *** forderte den Alten auf, offen zu reden.

Er fuhr fort: „Sie wissen, Missis, wie ich mein Vermögen verloren habe. Ich habe gleichwohl jetzt viele Jahre von meiner Arbeit gelebt und bin Niemand zur Last gelegen. Aber in der letzten Zeit habe ich nicht vermeiden können, eine Schuld zu machen, und ich fühle, daß ich nicht ruhig sterben kann, wenn ich nicht die Gewißheit habe, daß sie bezahlt wird. Missis, ich möchte Sie bitten, meine Schuld zu bezahlen.“

„Und wie groß ist Ihre Schuld?“ fragte die Miß.

„Fünfzehn Dollars.“

„Dann seien Sie ruhig, lieber Jakob, ich kann und will sie bezahlen.“

„Gott lohne es Ihnen, Missis!“

„Beantworten Sie mir jetzt eine Frage, die ich an Sie richten will, und sagen Sie mir auf Gewissen, ob Sie sich als freier Mann glücklicher gefühlt haben, als zur Zeit, wo Sie Sklave in meinem elterlichen Haus waren?“

„Missis,“ sagte der Alte feierlich, indem er sich in seinem Bett aufrichtete, „Ihre Eltern, meine Gebieter,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/149&oldid=- (Version vom 4.8.2020)