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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

die leicht und gut schreibt, hat schriftlich mehrere Ereignisse aus dem Leben der ersten Kolonisten und ihren Kämpfen mit den Indianern aufbewahrt, Dinge, die sich zum Theil in ihrer eigenen Familie zutrugen; und die Lesung oder Erzählung dieser Geschichten ist eine der vornehmsten Vergnügungen des Abends. Einige davon sind in hohem Grade interessant. Sie enthalten mehrere grausame und schreckliche, aber auch oft rührend schöne, und zuweilen recht komische Auftritte.

Stoff zum schönsten Drama könnte die Geschichte von der Gefangenschaft und Freilassung der Mutter Mr. Kinzies werden. Ich weiß nichts Dramatischeres, als zuerst die entsetzlichen Scenen, die sich an den Raub des kleinen Mädchens schließen, sodann die Neigung des Indianerhäuptlings für das Kind, die zunehmende Liebe, deren Gegenstand sie wird, während sie in seinem Zelt aufwächst und von dem wilden Stamm die weiße Lilie genannt wird; die Episode mit dem Mordversuch der eifersüchtigen Frau des Häuptlings gegen das Mädchen, und endlich den Augenblick, wo der Häuptling, nachdem er mehrere Jahre alle Unterhandlungen und Geschenke von Seiten der Eltern und der weißen Regierung, welche das Kind wieder bekommen wollte, abgewiesen, endlich ihren Bitten nachgibt und eine Zusammenkunft zwischen der Mutter und dem Kinde bewilligt, aber mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, daß sie nicht verlangen soll es wieder zu bekommen, und wie er sich dann am Zusammenkunftsort mit seinen Kriegern in ihrer Rüstung einfindet, allein, trotz der Vorstellungen derselben, über den kleinen Strom reitet, der das Lager der Weißen von dem der Indianer trennt, wie er Kind und Mutter mit Thränen einander in die Arme stürzen sieht, von diesem Anblick überwältigt Halt macht, mit dem Ausruf: „die Mutter muß ihr Kind haben!“ umwendet, über den Strom zurückreitet und sich mit seinem Volk fortbegibt,

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 240. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/258&oldid=- (Version vom 12.12.2020)