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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

kam mir, auf einen Krückenstock gestützt, entgegen, den Rücken gekrümmt, aber das redliche Gesicht strahlend von Wohlwollen. Sie ist noch nicht fünfzig Jahre alt, aber in Folge von Mühen und Bekümmernissen vor der Zeit gealtert und gebrochen. Ich erblickte in ihr einen ächten Typus der schwedischen Bürgerfrau mit der überfließenden Herzlichkeit, die leicht in den Augen, in Ausdrücken und Worten überschwillt, und nicht knickerisch mißt, was die Hand gibt oder die Zunge spricht; eine ganz prächtige, warmherzige Kaffeebase, die es liebt Andere zu traktiren, wie sie das Leben selbst liebt. Sie bewirthete uns mit dem allerköstlichsten Kaffee, und würzte das warme Getränk mit warmen, wohlwollenden Blicken und Worten.

Ihr Mann hatte hier als Ackerbauer begonnen; aber sowohl er als seine Frau waren an harte Arbeit nicht gewöhnt, sie bekamen schlechtes Land (außer Bergwalls Landantheil scheint alle Erde am Pine Lake mager zu sein), es fehlte ihnen an Hilfe und Bequemlichkeit, sie hatten viele Kinder, sie bekamen noch mehr, sie litten unglaubliches Ungemach. Frau Petterson müßte, während sie ihre Kinder säugte, die schwersten Geschäfte verrichten. Auf den Knieen, von Gichtschmerzen gequält, mußte sie oft die Wäsche der Familie besorgen.

Ihr Mann mußte endlich den Landbau aufgeben, wurde Schuhmacher, und verdiente auf diesem Handwerk das nothwendige Auskommen für sich und die Seinigen. Er war jetzt seit einem Jahre todt, und seine Wittwe bereitete sich vor, das Höflein zu verlassen, dem sie allein nicht mehr vorstehen konnte, und zu ihrem Tochtermann Bergwall zu ziehen.

Sie selbst fühlte sich abgenützt und alt, „vorbei,“ wie sie sagte, vor der Zeit, bereute es aber doch nicht nach Amerika gekommen zu sein, denn sie denke an ihre Kinder und die Zukunft, die sich in der neuen Welt eröffne, reicher, glücklicher, als das Mutterland zu geben

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 259. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/277&oldid=- (Version vom 12.12.2020)