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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Galena, den 11. Oct.  

Hier hast Du mich jetzt, einige wenige Meilen von dem großen Missisippi, in einem malerisch gelegenen Städtchen auf den gebrochnen Höhen um ein Flüßchen, der Feve-Fluß genannt, der sich in manigfaltigen Krümmungen zwischen ihnen hinschlingt. Die Stadt lebt von Bleigruben (die sich in dieser Hochlandsgegend überall vorfinden,) davon daß sie das finstere, schwere Metall aus der Erde herauszieht, in Oefen schmilzt und zum Handel ausführt. Ein bleigrauer Himmel hängt zufällig über der Stadt, und auf den Straßen sah ich Frauen in grauen Mänteln und alten Hüten einhertrippeln, sehr ähnlich den armen Frauen in grauen Mänteln und Hüten auf Stockholms Straßen in dem herbstgrauen Wetter; auch Herrn oder Halbherrn in lumpigen Röcken, jedoch dadurch weniger genirt, als sie es bei uns sein würden. Es sieht grauenhaft graulich aus! Und es ist kalt wie bei uns im November. Gestern war es anders. Gestern war der herrlichste Sommertag. Es war regnerisch, als ich bei Tagesanbruch „Blue Mound“ verließ, aber das Wetter hellte sich bald auf und der Wind jagte die Wolken über die unermeßlichen Felder, und das Spiel der Schatten und Lichter darüber, die herrlichen Aussichten — ich kann gar nicht sagen, wie genußreich diese Tagfahrt für mich war. Der Weg über das hohe Prärienland war hart und eben, wie die Wege bei uns im Sommer. Die Diligence, in der ich meistens allein saß, rollte leicht über die Felder hin. Ich meinte darüber wegzufliegen, während ich mich mit jedem Augenblick dem Riesenstrom, dem Ziel meiner westlichen Reise näherte. Der Wind war warm, wie bei uns im Juli

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 288. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/306&oldid=- (Version vom 12.12.2020)