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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

das Wachsthum des Fabriklebens bezeichnend. Es nahm sich hübsch aus gegen den goldenen Abendhimmel; aber die schwarzen Säulen lassen über die Stadt her einen Regen von Asche und Ruß fallen, der gar nicht hübsch ist. In der Stadt baut man große Waarenmagazine eins um das andre, ungeheure Kauf- und Handelshäuser. Die Lage der Stadt am Einfluß des Missouri in den Mississippi und ihr Handel auf dem ersteren Fluß mit dem ganzen großen Westen und auf dem Mississippi mit den nördlichen, südlichen und östlichen Staaten der Union giebt St. Louis sichere Aussicht auf ein beinahe grenzenloses Wachsthum. Die Wahrscheinlichkeit, daß von hier aus eine Eisenbahn bis an das stille Meer zu Stande kommt, ein Unternehmen, das hauptsächlich von vielen thätigen Männern des Westens betrieben wird, verleiht der Stadt noch höhere Bedeutung. Auch nimmt die Auswanderung hieher besonders von Deutschen mit jedem Jahre zu. Wie schnell diese zugeht, ersieht man daraus, daß St. Louis im Jahre 1845 eine Bevölkerung von 35000 Seelen und 1849 beinahe die doppelte Zahl hatte. Der Missouristaat hat jetzt ungefähr 2,000,000 Einwohner und doch ist er als Staat noch nicht über 30 Jahre alt.

Als ich in der Dämmerung durch die Straßen der Stadt wandelte, sah ich verschiedene Gestalten sowohl von Menschen als Thieren, die mich nicht erfreuten. Solche habe ich zu meinem großen Bedauern auch in New-York gesehen, just solche Menschen, deren Aussehen halb Wildheit, halb Elend verrieth, just solche arme abgehetzte Pferde! … Ich bemerkte eine Menge ärztliche Schilde. An jedem dritten oder fünften Hause ist ein solcher zu sehen. Aber was können Arzeneien hier ausrichten? … Ach … Wir müssen noch lange zu dem Herrn der Vollkommenheit beten:

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 392. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/410&oldid=- (Version vom 21.8.2021)