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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

Und hier wie überall finde ich sie im Allgemeinen schön und treffe kaum ein Gesicht, das man häßlich nennen könnte. Ich meine jedoch, daß ich von einem solchen erquickt würde, wenn ich darin diejenige Schönheit fände, die ich im Allgemeinen (nicht immer) bei diesen hübschen Menschenrosen vermisse, und die ich mit der Schönheit der bethauten Knospe in ihrer Morgenstunde vergleichen möchte. Es fehlt Schatten, Ruhe, Morgenthau, Heimlichkeit — das Unnennbare, Innige, Tiefe, was das Gemüth mit stiller Macht zum Gefühl verborgener edler Schätze zieht. Es fehlt die stille Anmuth des Wesens, die an und für sich eine Schönheit ist. Habe ich Unrecht? Ist es der Schimmer des Salons und des Kronleuchters, der mich verwirrt?

Eine Bemerkung halte ich für gegründet. Putz und Eitelkeit haben hier zu Lande keine geringere Macht bei unsrem Geschlecht als in den großen Städten Europas, und sie sind weit stärker als in unserm guten Schweden. Einige Beweise davon haben mich beinahe erschreckt. Der Luxus und die Gefallsucht junger Frauen haben nicht selten ihre Männer zur Verzweiflung und zum Trinken getrieben. Ich hörte einmal eine schöne junge Frau sagen:

„Meine Ausicht ist, daß die Frauenzimmer, wenn sie einmal verheirathet sind, viel zu wenig für die Herren thun. Ich mache mirs auf einem Ball immer zur Pflicht meine Kinder zu vergessen.“

Ein skandalöser Prozeß schwebt gegenwärtig zwischen einem jungen Paare ob, das sich vor einigen Jahren verheirathete. Es war eine der schönsten Hochzeiten: Ausstattung, Möbel, Alles war so kostbar und prächtig wie möglich. Alles prangte von Seide, Sammt und Juwelen. Aber bald darauf kam Zwietracht unter die Gatten, wie man sagt, in Folge der Beharrlichkeit der jungen Frau sich gegen den Willen ihres Mannes zu schminken. Ihre eitle und unverständige Mutter

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 410. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/428&oldid=- (Version vom 20.8.2021)