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werde ich besorgen, sobald ich auf mein Zimmer komme.

Stram. Auch müssen Sie mir eine Anmerkung erlauben. Das rothe Band in Ihrem Haar sitzt nicht gut, und schickt sich heute nicht. Es ist Hoftrauer.

Charl. Ich werde es nachher ändern, und – geschähe es nicht meiner Stiefmutter zu Gefallen, so würde ich wahrlich keine Hoftrauer anlegen. Mich dünkt, der Tochter eines Bürgers geziemt es nicht, die Hofdame zu spielen.

Stram. Sie denken doch auch gar zu bürgerlich, mein schönes Mündel.

Charl. Dieß, dächte ich, macht mir keine Schande, wenn Sie sonst nicht Bürger und Pöbel miteinander verwechseln. Bürger ist ein Ehrentitel, Pöbel ein Scheltwort; und von beyden Klassen haben die höchsten, wie die niedrigsten Stände, Mitglieder aufzuweisen.

Stram. Wohl möglich! Auch hat man Sie niemals überreden können, Ihre Talente in unsrer dramatischen Societät zu zeigen, wo Ihre Mutter mit so vielem Ruhme spielt.

Charl. Ich habe weder die Talente noch die Dreistigkeit meiner Stiefmutter. Auch halte ich es nicht für meinen Beruf, meine Zeit zu vertändeln. Allein, darf ich fragen, hat mein Vormund sonst nichts mit mir zu reden?

Empfohlene Zitierweise:
Peter Andreas Heiberg: Die Hoftrauer, oder das Testament. Ein Lustspiel in einem Aufzuge. Orell, Geßner, Füßli und Comp., Zürich 1795, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Hoftrauer,_oder_das_Testament.pdf/38&oldid=- (Version vom 11.9.2022)