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Fernglas und stellte es auf die Mitte der Naturbrücke ein.

Ich wurde ungeduldig. „Fürchtest Du, daß Palperlon uns hier auflauert?“ meinte ich mit ganz wenig Ironie.

Er ließ das Glas sinken. „Du würdest dies gleichfalls fürchten, wenn Du dort oben auf der Paßhöhe zwischen den beiden Bergen dasselbe bemerkt hättest wie ich, – nämlich – dies hier, das ich aufhob, als ich einen Steigbügelriemen in Ordnung brachte.“ Er faßte in die Tasche seiner Jagdjoppe und hielt mir eine Papierkugel hin, steckte sie aber sofort wieder ein. „Es ist Zeitungspapier, ein Stück von dem oberen Teil der ersten Seite der in Johannesburg erscheinenden Buren-Post,“ erklärte er weiter. „Und zwar ein Stück einer erst acht Tage alten Nummer. Mansa sagte uns nun, daß sich bis hierher sehr selten Weiße verirren und daß auf endlose Meilen nur Negerdörfer zu finden sind. Zunächst beweist das Stück Zeitungspapier also, daß vor kurzem ein Weißer hier gewesen ist. Damit ist jedoch das, was diese Papierkugel mir zu sagen hatte, noch nicht erschöpft.“

Jetzt begann auch mich dieser Fund Harsts zu interessieren. Ich rief leise:

„Ich verstehe: das Stück[1] Zeitung hatte eine besondere Bedeutung, war Deiner Ansicht ein Zeichen für irgend jemand.“

„Ganz recht. – Nicht nur ein Zeichen war’s. Das hatte ich bald heraus. Die Art, wie die Papierkugel in einer Distel festgeklemmt war, legte mir nahe, das Stück Zeitung sauber glatt zu streichen. Es war vollständig durchfettet. – Weshalb wohl? – Nun – um es im Falle eines Regengusses vor dem Aufweichen zu schützen. – Das weitere war sehr einfach. Ich bemerkte sofort, daß in dem Leitartikel zehn Wörter mit Bleistift nicht allzu auffällig unterstrichen waren. Nacheinander gelesen lauteten diese ins Deutsche aus dem Holländischen übertragen folgendermaßen:

„Versammlung nicht gefunden. Empfang alles vorbereitet zu finden bei befreundeten.“

So, mein Alter, nun kannst Du Dein Licht leuchten lassen. Denn diese Sätze, zweimal zu drei und einmal zu vier Wörtern abgeteilt, verraten im einzelnen und als Ganzes so allerlei: Bitte – beginne!“

Wenn man bereits anderthalb Jahre Privatsekretär und Gehilfe eines Harald Harst ist, lernt man allmählich doch so


  1. Vorlage: Sück
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/18&oldid=- (Version vom 31.7.2018)