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und Hilfsbereitschaft Master Morrisson hier auftritt.“

Kaum harte er das letzte Wort ausgesprochen, als er auch schon in kurzen Pausen um Hilfe zu rufen begann. Nach einer Weile flüsterte er mir zu: „Gib acht, gleich geht die Komödie los!“

Er brauchte mich wahrhaftig nicht hierzu aufzufordern. Ich war viel zu begierig auf das, was nun folgen würde, um nicht beständig jetzt nach oben zu schauen.

Wieder erklang Harsts überlautes: „Hilfe – Hilfe!“

Der letzte Ton war noch nicht verhallt, als von oben her Antwort kam.

„He – wer schreit denn da so jämmerlich?“ hörte ich einen tiefen Baß brüllen. Der Mann mußte den Mund dicht an eine der Ritzen der Falltür gepreßt haben.

Zu meinem Erstaunen antwortete Harst gleichfalls auf Englisch: „Zwei Deutsche stecken hier in diesem verwünschten Loch. – Sucht nur neben der Plattform des Felsens! Es muß da irgendwo einen Strick geben, durch den die Falltür sich öffnen läßt. Seid aber vorsichtig, daß Ihr nicht hinabstürzt.“

Gleich darauf flutete das Tageslicht zu uns herein, und über dem Rande des Schachtes erschien sehr bald ein Kopf mit einem großen Schlapphut. Das konnte nur Morrisson sein! Der brandrote Vollbart sagte genug.

Eine Leine schwebe herab. Harst flüsterte: „Erst Du! Spiele den Kranken, mein Alter. Die blutige Beule an Deiner Stirn wirkt sehr überzeugend. Nenn’ auch ruhig Deinen richtigen Namen, ebenso den meinen, falls Morrisson Dich fragt.“

Ich wurde hochgehißt. Morrisson empfing mich mit den Worten: „Zum Donner, Master, wie seid Ihr denn da hinabgeraten?! Das scheint ja eine wahre Teufelserfindung zu sein! Ein Glück, daß wir auf einem Jagdausflug gerade hier vorüberkamen!“

Ich spielte den durch die Stirnverletzung arg Mitgenommenen recht naturgetreu. Wenn man früher mal Berufskomödiant gewesen ist, fällt einem eine solche Rolle nicht schwer.

Morrisson und die beiden Neger, zwei ältere, bärtige Sulus mit riesigen Wulstlippen, zogen jetzt Harst hoch. – Ach – welch ein glänzender Schauspieler wäre doch Harald Harst geworden! Es war eine Freude, zu beobachten, wie vorzüglich

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Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/23&oldid=- (Version vom 31.7.2018)