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Glaskasten stand, der mit schwarzem Samt ausgeschlagen war. Seine Stimme vibrierte, als er fortfuhr:

„Hier wurde der rosa Diamant aufbewahrt, den man jetzt Rose von Rondebosch nach meinem Wohnsitz nennt. Als ich heute um acht Uhr früh dieses Zimmer betrat und die in die Wände eingelassenen eisernen Fensterschiebeladen aufschloß und zurückschob, galt wie immer mein erster Blick diesem Glaskasten. Aber – er war leer. Sie sehen, Herr Harst, der Kasten ist verschlossen und ganz unbeschädigt. Er hat ein Kunstschloß, zu dem nur ich den Schlüssel besitze. Jeden Abend schließe ich die Fensterladen und ebenso die beiden Türen zu diesem Zimmer, die gleichfalls derart gesichert sind, daß kein Unberufener sie öffnen kann. Ihre Kunstschlösser sind so eingerichtet, daß mit Nachschlüsseln daran nichts auszurichten ist. Und doch ist der Stein gestohlen worden. Ich wollte zuerst sofort die Polizei benachrichtigen. Dann besann ich mich, Ihren Namen in einer hiesigen Zeitung gelesen zu haben. Deshalb wollte ich zunächst Sie bitten –“

„Danke,“ meinte Harst zerstreut. „Wo bewahren Sie die Schlüssel zu den Kunstschlössern auf, Herr Fitzgerald?“

Hier wurden wir durch den Eintritt der Köchin gestört, einer hageren, unfreundlich aussehenden Person, die ihren Herrn im Auftrage des Gärtners fragte, ob dieser in die Stadt gehen und Grassamen einkaufen dürfe.

„Gewiß doch,“ meinte Fitzgerald ungeduldig. „Bessy, diese Herren hier bleiben heute zu Tisch. Richten Sie das Essen danach ein.“

Die Köchin ging wieder. Sie hatte uns nicht gerade liebenswürdig gemustert.

„Sie ist seit neun Jahren bei uns,“ sagte Fitzgerald wie entschuldigend. „Sie hat ihre Eigentümlichkeiten, hängt aber sehr an meiner Frau. – Herr Harst, die Schlüssel befinden sich stets in einem Stahlschrank in meinem Schlafzimmer. Ich gebe sie nie aus der Hand.“

Harst begann dann auf seine Weise das Zimmer zu durchsuchen. Das dauerte über eine Stunde. Darauf wandte er sich an Fitzgerald.

„Sie haben nicht zu viel gesagt. Dieser Diebstahl ist in der Tat rätselhaft und interessiert mich. – Waren Sie heute bereits in Ihrem Geschäft? Wenn nicht, so lassen Sie sich bitte nicht stören und gestatten Sie uns, bis zu Ihrer Rückkehr

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Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/34&oldid=- (Version vom 31.7.2018)