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meinte er. „Bei Pook als seinem Neffen muß man vorsichtig sein. Ein polizeilicher Mißgriff könnte mir einen bösen Wischer von oben einbringen. Ich werde mit der Verhaftung doch noch warten. – Wie denken Sie über diesen Diebstahl, Herr Harst?“

Aha! Jetzt wollte Garner den berühmten deutschen Konkurrenten also doch ausnutzen.

Harst schlug in seinem Sessel nachlässig ein Bein über das andere, zuckte die Achseln und erwiderte zu meiner großen Überraschung:

„Der Knopf ist belastend, aber – nicht für Pook! Ich habe den Knopf vorhin, als ich oben im Museum war, ruhig hinter dem Glaskasten liegen lassen. Ich als Fremder durfte nichts berühren, da ja vielleicht die Polizei noch den Tatort in Augenschein nehmen konnte. Knöpfe sind mir im übrigen als Beweisstücke bei Verbrechen wenig interessant. Sie bilden das ständige Handwerkzeug von Schriftstellern, die Kriminalgeschichten verfassen. – Wie sollte wohl der Dieb, der mit einem Schlüssel den Glaskasten, dessen Scheibe nach der Seite hochzuklappen ist, geöffnet hat, den Knopf vom Ärmel gerade so verlieren, daß dieser Knopf hinter den Kasten zu liegen kommt?! Das ist ganz unnatürlich. – Den Knopf hat jemand dorthin gelegt, um den Verdacht auf Pook zu lenken. Insofern war mir der Knopf also doch wertvoll. Pooks Hausjoppe sah ich gleichfalls in seinem Schlafzimmer hängen, als wir die Villa besichtigten. Im übrigen, Master Garner, ist der Knopf vom Ärmel dieser Joppe gewaltsam abgedreht worden, wie mir die zusammengerollten Fadenreste am Stoff bewiesen. Wenn Sie den Mann finden, der den Knopf hinter den Glaskasten tat, haben Sie auch den Dieb.“

Garner lächelte zweifelnd. „Ich kann Ihnen in alledem nicht beipflichten, Master Harst. In das Museum kann selbst am Tage niemand hinein. Wenn die Mädchen dort reinmachen, bleibt Fitzgerald sogar dabei. Der Dieb kann nur jemand sein, der sich für kurze Zeit die richtigen Schlüssel zu verschaffen wußte[1]. Dazu hat Pook die beste Gelegenheit – nur er! – So, nun werde ich zu Pook nach oben gehen und zum Schein mich mit ihm eine Weile unterhalten. Ich kann nicht anders: ich bleibe bei meinem Verdacht, werde jedoch noch mehr Belastungsmaterial sammeln. – Auf Wiedersehen,


  1. Vorlage: mußte
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)