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– „Nun – ertrage sie nur geduldig. Palperlon sagte, es sei jetzt acht Uhr. Dann erfreut er sich gerade noch einer Stunde seiner Freiheit. Sieh mal – er hat sich nämlich gerade diesmal verrechnet. Ich habe Treebram, als Du in der Kutterkajüte so schön schliefst, genaue Verhaltungsmaßregeln für den Fall gegeben, wenn ich ihn heute früh 8 Uhr telephonisch nicht anrufen sollte. Dann wird er zu Garner eilen und diesen veranlassen, Fitzgeralds Villa zu umstellen und das ganze Personal zu verhaften, uns aber zu suchen, da wir dann eben in einen Hinterhalt geraten seien. – Du magst Dich wundern, daß ich gerade hier meiner „Schwäche“ untreu geworden bin und einen Dritten so halb und halb ins Vertrauen gezogen habe. Der Grund hierfür ist der Tod Pooks. Du wirst das nachher schon verstehen, ebenso wie Du noch auf allerlei Überraschungen rechnen darfst. – Falls Du gern gleichfalls freier atmen möchtest, rate ich Dir, es ebenso zu machen wie ich, das heißt, den Knebel mit den Zähnen langsam zu zerkauen und die Stücke hinunterzuwürgen. Von meinem Knebel ist nur noch gerade so viel übrig, um Palperlon vorzutäuschen, ich hätte noch die ganze Leinwandkugel im Munde. – Übrigens dürfte Palperlon seinen Vorschlag hinsichtlich der Million völlig ernst gemeint haben. Ich glaube, so langsam beginnt er doch einzusehen, daß seine Verbrecherlaufbahn ein böses Ende durch mich nehmen könnte. Er möchte wohl in der Tat sich zur Ruhe setzen. Nun – das wird auch geschehen. Nur in anderer Weise, als er denkt. Sollte er hier gefaßt werden, dann sorge ich dafür, daß er in eine der Mörderzellen des neuen Gefängnisses in Kapstadt kommt. Dort ist ein Ausbrechen unmöglich. – So, nun wollen wir abwarten. Ich rechne damit, daß gegen 9 Uhr Garner die Villa umzingelt haben kann. Harre also die eine Stunde schon noch aus, mein Alter.“

Ach – wie leicht ließen sich jetzt die Schmerzen ertragen! Aber auch – ach, wie furchtbar war dann die Enttäuschung und das Entsetzliche, was wir in bangen Sekunden erlebten.


Ich war vor Erschöpfung, Schmerzen und Abspannung in eine Art Halbschlaf versunken. Mit einem Male schreckte ich auf. Die Kellertür war mit leisem Krach ins Schloß gefallen. Ich öffnete die Augen, sah Palperlon mit der Laterne,

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Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/58&oldid=- (Version vom 31.7.2018)