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noch eine andere Rache vorbereitet! Sie haben Pook in Kapstadt gestern vormittag in einer Verkleidung einen Basuto-Götzen verkauft, den Sie in ganz besonderer Weise hergerichtet hatten. Sie schlugen den Unterteil der Tonstatue ab, brachten im Innern eine Nadel so an, daß der, der durch das Loch im Rücken des Götzen mit dem Finger hineinfühlte, sich stechen mußte. Um nun Pook zu verleiten, dies zu tun, sperrten Sie in die Statue einen großen Käfer ein. Dann leimten Sie den Unterteil[1] wieder fest. Als Pook mit diesem für seinen Oheim bestimmten Geburtstagsgeschenk hier in der Villa anlangte, wird er das Geräusch, das der Käfer verursachte, gehört haben. Er fühlte dann tatsächlich mit dem rechten Zeigefinger in das Loch hinein, stach sich an der – vergifteten Nadel, beachtete diese kleine Wunde nicht weiter, sank dann aber sehr bald bewußtlos um. Bewußtlos! Nicht tot. Denn er lebt noch. – Ich bemerkte die winzige Blutmenge unter dem Nagel des Zeigefingers. Ich habe auch mit meiner Messerklinge die Nadel im Innern der Statue festgestellt und abgebrochen, damit sie nicht noch weiteres Unheil anrichte. – Sie, Palperlon, wollten nichts andres, als daß Pook – lebend seziert würde, daß er unter den Messern der Ärzte erst wirklich sterben sollte. Damit Sie nun nicht etwa, als Fitzgerald eine Obduktion untersagte, Pook auf andere Weise hinschlachteten, ließ ich die „Leiche“ scharf bewachen. Daß Pook nur im Starrkrampf dalag, erkannte ich auf Grund meiner Vertrautheit mit indischen Nervengiften und ihren Wirkungen. Pooks Haut hatte, obwohl er doch erst kurze Zeit tot sein sollte, als ich ihn sah, jede Spannkraft verloren. Eine Hautfalte, die man hervorrief, behielt ihre Lage bei. Das genügte mir. – Palperlon, die Nadel in der Statue war mit Varparoa vergiftet! Aber – Sie wissen am besten, daß es für dieses höllische Zeug ein Gegenmittel gibt: Strychnin! Und nur dieses! – Master Treebram, haben Sie die Injektionsspritze mitgebracht, wie ich es wünschte, und auch die genaue Menge Strychnin?“

Der Ingenieur reichte Harst beides.

Gleich darauf hatte Harst dem Opfer Palperlonscher Tücke das Gift unter die Haut gespritzt. Die Wirkung war blitzartig. Durch Pooks Leib ging ein Zucken. Dann richtete Pook sich mit einem Ruck auf, schaute wild um sich. Harst drückte ihn wieder zurück.


  1. Vorlage: Unerteil
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Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/62&oldid=- (Version vom 31.7.2018)