Seite:Die Rätselbrücke.pdf/8

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

hatte, der sich alle Mühe gab, dieses rätselhafte Abhandenkommen eines jungen Mädchens aufzuklären. Erst einen Monat später gelang es ihm festzustellen, daß Magda heimlich in einer Verkleidung nach Kairo, dann nach Suez und weiter nach Aden gereist war, daß sie in Aden in Begleitung eines Mannes gesehen worden war, der nur Palwson gewesen sein konnte, und daß das Paar dann einen Dampfer nach Bombay benutzt hatte. Von da ab verlor sich die Fährte.

Magdas Eltern kehrten völlig gebrochen nach Bremen zurück, mieden allen Verkehr und lebten nur ihrem Schmerz um ihr einziges Kind. Der Generalkonsul hatte jedoch den Privatdetektiv beauftragt, die Nachforschungen nach Magda unermüdlich fortzusetzen. –

Der Privatdetektiv brachte nach weiteren vier Monaten heraus, daß Magda und Palwson sich kurze Zeit in Gwalior in Indien aufgehalten hatten und daß Palwson fraglos ein Abenteurer schlimmster Sorte sei, der ständig den Namen wechselte und sich unter anderem auch Palperlon nannte. Zu Gesicht bekam er die beiden jedoch niemals. – Ein Jahr fast verging. Das Ehepaar Knork hatte sich bereits mit dem Gedanken abzufinden gesucht, Magda nie mehr wiederzusehen, als diese ganz unvermutet heimkehrte, sich den Eltern zu Füßen warf und ihre Verzeihung erflehte. Sie wurde ihr gewährt. Sechs Wochen blieb sie in der Villa des Generalkonsuls, ohne sich je über die Grenzen des großen, zu dem Besitztum gehörigen Parkes zu entfernen. Sie lebte wie einst nur ernsten Studien, malte, las wissenschaftliche Werke und lehnte jede Frage der Eltern nach Palwson mit dem Bemerken ab, sie wünsche nicht mehr an diese Vergangenheit erinnert zu werden. Sie war dabei keineswegs seelisch niedergedrückt. In ihrem ganzen Wesen bekundete sie eine große Selbständigkeit und ein Zielbewußtsein, das ihr bald ein gewisses Übergewicht über ihre nachsichtigen Eltern gab.

Nach Ablauf von sechs Wochen verschwand sie abermals. Eines Morgens fand man ihr Bett unberührt. Ein Koffer fehlte, in dem sie einige Kleider und etwas Wäsche mitgenommen hatte. – Diesmal hatte der von dem Generalkonsul sofort herbeigerufene Privatdetektiv mehr Glück. Er ermittelte schon am folgenden Tage, daß Magda mit einem älteren Herrn nach Berlin gereist war. In Berlin jedoch ging jede Spur verloren. Die bedauernswerten Eltern ahnten,

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)