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zu schützen, deshalb wurde 1474 bei Basel ein Hahn verbrannt, der ein Ei gelegt haben sollte.

Fische sind im allgemeinen weniger in der Sage anzutreffen. Durch Rückerts Gedicht ist die Sage vom Kloster Grabow auf Usedom weiter bekannt geworden, nach dem jedes Jahr zwei Störe kamen, von denen die Mönche einen fangen durften. Tiefe und nach dem Volksmunde oft unergründliche Seen enthalten wohl einen alten Karpfen, so alt, daß Moos auf seinem Rücken wächst, wie z. B. im Laacher See in der Eifel und im Lutterkolke bei Schlangen im Teutoburger Walde. Es gibt aber auch Sagen von riesigen und gespenstischen Fischen; so nimmt z. B. ein Fisch im Altshauserbach (Schwaben) menschliche Gestalt an und kommt zuweilen aufs Land[1]. In der weißen Elster haust bei Rüßdorf ein riesiger Fisch, dessen Erscheinen Unglück andeutet, entweder das Ertrinken eines Menschen oder Feuer, Pestilenz, Teurung und Krieg. An einer anderen Stelle des Flusses hausen in unergründlicher Tiefe Riesenfische[2].

Von den Vögeln ist vor allem der Schwan zu nennen, der aus der Lohengrinsage jedem vertraut ist. Die Walküren haben Schwanenhemde; Jupiter verwandelte sich, als er die Leda besuchte, in einen Schwan.

Die Gans kommt in der Sage als Hexenhülle vor und wird zum Wahrsagen benutzt; Vertriebene oder verkannte Prinzessinnen sind oft Gänsemägde; zauberische Personen sollen Gänsefüße haben.

Der Storch bringt Segen und Kinder und schützt Haus und Dach vor Blitz und Brand. Störche gelten oft als verwandelte Menschen, besonders als Freimaurer und Hexen.

Der Hahn ist häufig in Teufelssagen. Er wird statt des vom Teufel erwarteten Menschen ein Opfer des Bösen (Brückenbau zu Frankfurt a. M.), oder er kräht früher, als der Teufel die Bedingung für den Pakt ausgeführt hat (Erbauung des Domes oder anderer Gebäude in manchen Orten). Die Sage kennt auch Hühner, die goldene Eier legen.

Die Taube ist ein Bild der Unschuld, der Liebe und der Menschenseele, besonders die weiße Taube im Gegensatz zu dem schwarzen Raben, der oft geradezu eine Personifikation


  1. Anton Birlinger, Aus Schwaben. I. Wien 1874. S. 193.
  2. Eisel, Sagenbuch des Voigtlandes. S. 154. 155.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Wehrhan: Die Sage. Wilhelm Heims, Leipzig 1908, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Sage-Karl_Wehrhan-1908.djvu/105&oldid=- (Version vom 31.7.2018)