Rechnungsmünze wurde, indem er als Wertäquivalent an die Stelle der bisherigen Rechnungsmünze, d. h. des bis zu seiner Einführung in Geltung gebliebenen, wenn auch schliesslich zu leicht gegossenen Semilibralasses trat. Es wurde daher mit dem Jahre 268 die bisherige Rechnungseinheit überhaupt nicht geändert; sie wurde nur statt in Bronze fernerhin in Silber ausgegeben.
Hiermit verneint ach ganz von selbst die oft aufgeworfene Frage, ob die Reduktion ein Staatsbankerott gewesen sei? Dies war sie ganz und gar nicht. Freilich wäre es ein bankerottes System gewesen, wenn ein auf sich selbst gestellter, zu Silber in keinem Bezug stehender As fortwährend leichter ausgebracht worden wäre. Da aber der As der Reduktion seinen vollen Gtegenwert in dem jeder Zeit dafür erhältlichen Silber besass und selbst je länger je mehr zu einer blossen Anweisung auf Silber wurde, so lag in dem System zwar eine Verschlechterung des einzelnen Münzstückes, keineswegs aber eine Verschlechterung der Währung. Dies ebensowenig als die Währungen der heutigen Kulturstaaten durch den Mitgebrauch von Papiergeld verschlechtert werden, vorausgesetzt, dass dessen Deckung vorhanden ist.
Nur in Rücksicht auf den Mitgebrauch anderen Wertgeldes lässt sich die Reduktion überhaupt erst verstehen. Dieses andere Geld war von zweierlei Art. Einerseits gingen die alten Libralmünzen im Verkehr weiter, andererseits kann es nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, dass das Silber Roms, wie es im quadrigatus immer massenhafter in Capua hergestellt wurde, auch den hauptstädtischen Grossverkehr mehr und mehr beherrschte.
Dass librale und Reduktionsmünzen zusammen umliefen, lehren die Funde. Im Verhältnis des Kupferwertes beider liegt es, dass der librale As zum Dupondius der Reduktion wurde. Erst in einer Zeit, der auch dieser Dupondius noch zu schwer dünkte, goss man leichtere Dupondien der Reduktion. Aber so stark war der römische Zug zum Althergebrachtem, dass man doch wieder im Tressis nicht nur eine Münze wirklich alten Libralgewichts, sondern im Decussis sogar ein Stück schuf, das alles bisher Gekannte an Schwere noch weit übertraf. Vergleicht man indess die Gesamtheit der uns erhaltenen Reduktions- mit dem Quantum der verbliebenen Libralmünzen, so kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die ausgegebene Menge der ersteren durchaus nicht im Stande sein konnte den gegen früher zweifellos noch erheblich gesteigerten Geldbedarf der Hauptstadt zu decken. Der Vorrat an Reduktionsmünzen war vielmehr der Art unauskömmlich, dass diese Geldsorte kaum anders denn als kupferner Lokalcourant betrachtet werden kann, der neben dem grossen Vorrat noch vorhandener Libralmünzen, ganz besonders aber neben dem immer stärker eindringenden Silber eine verhältnismässig untergeordnete Rolle spielte.
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/44&oldid=- (Version vom 31.7.2018)