bekannt. Wäre aber auch nachweislich mit der Reduktion ein Schulderlass für die hauptstädtische Bevölkerung verbunden gewesen, so würde es sich hierbei um eine Angelegenheit handeln, die zwar für die nationalökonomische Seite der römischen Kulturentwicklung von erheblichem Interesse, hingegen für die Numismatik als solche völlig belanglos sein würde. Für die Numismatik kommt es auf die Wertrelationen der Münzen unter einander an und diese stehen, wie gezeigt wurde, fest. Insbesondere steht fest, dass der semilibrale As ein Scriptulum Silbers oder die Hälfte eines Libralasses galt, gleichviel ob der römische Private berechtigt war eine auf milia aeris gravis lautende Schuldverschreibung mit 1000 reduzirten Assen einzulösen oder vielmehr gehalten war für diese Schuld 2000 der neuen Asse zu entrichten.
Mag also der uns im Übrigen unbekannte Inhalt des Reduktionsgesetzes ein engerer oder weiterer gewesen sein, jedenfalls konnte dieses Gesetz wie jedes andere nur diejenige Bevölkerung verpflichten, für die das römische Staatsgesetz überhaupt verpflichtend war, d. h. die Hauptstadt und die mit ihr im Tribusverband vereinigten Gemeinden, mit einem Worte die römischen Vollbürger. Nicht verpflichtet wurden durch dasselbe die föderirten Gemeinden, die latinischen Kolonien und die Halbbürgergemeinden, wenigstens soweit sie (und dies war eine beträchtliche Anzahl) die Selbstverwaltung besassen und eines Rechtes genossen, das nicht das römische, sondern ihr durch römisches Statut geregeltes, bezw. anerkanntes einheimisches Recht war. In dem weiten Kreise aller dieser zahlreichen durch ganz Mittelitalien zerstreuten Gemeinden erlangte somit die Reduktion der hauptstädtischen Währung unmittelbar keine Gesetzeskraft. Für die Hauptstadt – das versteht sich von selbst – hatte allerdings die Reduktion die unmittelbare Einstellung der bisherigen Libralmünzung zur Folge und kein einziger urbaner Libral-As ist nach dem Tage des Inkrafttretens jenes Gesetzes mehr gegossen worden.
Wann endlich die Reduktion eingeführt wurde, ist mangels aller bestimmter Nachrichten mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Es ist aber in hohem Grade wahrscheinlich, dass auch diese Reform wieder als eine Folge veränderter politischer Zustände aufzufassen und dass sie nicht lange nach der im Jahre 290 erfolgten Beendigung des letzten Samniterkrieges eingetreten ist. Der Umstand ferner, dass die bereits erwähnte secessio plebis möglicherweise in Verbindung mit ihr stehen kann, gab mir Anlass den Beginn der Reduktion auf circa 286 v. Chr. zu setzen. Es bleiben alsdann noch 18 Jahre bis zur Einführung des Denars im Jahre 268. Für ein in sich so wenig befriedigendes System, wie es in der Reduktion vorliegt, ist ein Zeitraum von 18 Jahren reichlich lange. Allein dieses Bedenken schwächt sich ab durch die Erwägung, dass die Reduktionsmünzen nur die unwichtige Münzsorte neben anderen wichtigeren
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/46&oldid=- (Version vom 31.7.2018)