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zerstreut vorgefunden werden. Auch aus der äusseren Geschichte der einzelnen Städte, soweit sie aus der Tradition erkennbar wird, waren brauchbare Anhaltspunkte nicht zu gewinnen. Fruchtbarer erwiesen sich die staatsrechtlichen Gesichtspunkte, doch aber nur in dem negativen Sinne, dass allerdings eine grosse Anzahl einzelner Städte als der zur Münzung erforderlichen Autonomie entbehrend, aus dem Kreise der in Betracht kommenden Orte auszuscheiden waren, wohingegen andererseits noch immer eine so grosse Anzahl wenigstens theoretisch als münzfähig anzuerkennender Orte verblieb, dass für eine sichere Locierung der einzelnen Reihe auch hiernach ein noch viel zu weiter Spielraum gelassen war.

Dennoch war die an diese Untersuchungen verwandte Zeit keine verlorene. Ohne sie wäre ich zur Auffindung des einzigen Mittels, das zur Lösung führen konnte, nicht gelangt. Allerdings lag hierbei der Schlüssel der Erkenntnis auf einem bisher nicht beachteten Gebiete, nämlich in den zwar keineswegs unbemerkt gebliebenen, noch nie aber zu einer eigentlich kritischen Verwertung herangezogenen Wechselbeziehungen, welche zwischen den Typen der aufschriftlosen Schwergeldreihen einerseits, andererseits einer davon scheinbar völlig gesonderten Münzgattung, d. h. den Typen des mit der Aufschrift ROMANO oder ROMA bezeichneten sogen. römisch-campanischen Silbers bestehen.

Aus einer genauen Betrachtung dieser letzteren Münzgattung hatte ich die Überzeugung gewonnen, dass es sich in ihr um römische Staatsmünze handle; ferner vermochte ich sie in drei gesonderte Perioden zu scheiden und es ergab sich die unerwartete Tatsache, dass von der zweiten Prägeperiode an zu jeder einzelnen Silberdidrachme eine aufschriftlose Schwergeldreihe, ferner aber zu jeder Schwergeldreihe ein bestimmter Barren gegossen worden war.

Es lösten sich hiermit wie von selbst alle zeitlichen, alle örtlichen, ferner die historischen, wirtschaftlichen und staatsrechtlichen Fragen. Es ergab sich für die älteste Münzung Roms ein über die bisherige Vorstellung in ungeahnter Weise hinausgehendes Doppelsystem, dessen Basis darin zu erblicken ist, dass Rom vom Beginne seiner Münzung an nicht nur eine, sondern vielmehr zwei Münzstätten schuf, eine Bronzemünzstätte in der Hauptstadt, eine Silbermünzstätte in Capua; dass diese beiden während dreier zwischen den Jahren 335 und 268 v. Chr. liegenden Perioden in der innigsten Wechselbeziehung wirkten, namentlich aber, dass von der zweiten Periode ab auch die Silbermünzstätte in sehr umfassender Weise am Bronzeguss betheiligt wurde, indem fortan jede ihrer Emissionen bestand aus:

einer Didrachme, – einer Schwergeldreihe, – einem Barren.

Für die führende Stellung Roms auch auf dem Gebiete des Geldwesens bereits in jener frühen Epoche ist diese Feststellung von ausschlaggebender

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/7&oldid=- (Version vom 31.7.2018)