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Unterscheidungen haben indess Seitens der folgenden numismatischen Literatur im allgemeinen nur ungenügende Beachtung gefunden. Überdies sind von Mommsen selbst aus an sich richtigen Prämissen nicht stets auch die zutreffenden Konsequenzen gezogen worden.

Das Münzrecht setzt voraus ein gewisses Mass von Autonomie der prägenden Gemeinde. Diese Autonomie fehlt gänzlich denjenigen Gemeinden, die zu Rom im Verhältnis völliger Abhängigkeit stehen; es sind dies zwei Kategorien von Städten:

  1. die Bürgerkolonien,
  2. die Halbbürgergemeinden ohne Selbstverwaltung („quarum omnis civitas in civitatem Romanam venit“).

Sie steht hingegen zu zwei anderen Kategorien von Städten, deren Verfassung geordnet ist auf der Grundlage freier Selbstverwaltung. Dies sind einerseits:

  1. die föderierten Gemeinden, die zu Rom im Verhältnis gleichen Bündnisses stehen; andererseits
  2. die sogen. latinischen Kolonien, d. h. die von Rom zur Sicherung und Befestigung seiner Macht in den unterworfenen Landschaften begründeten Zwingburgen.

Den beiden ersten Gattungen von Gemeinden steht das Münzrecht nicht zu; die beiden letzteren sind im Besitze eines nahezu unbeschränkten Münzrechts. – Diese Rechtssätze stehen fest.

Schwieriger erscheint die Frage der Münzberechtigung einer weiteren Gruppe sehr zahlreicher Gemeinden, nämlich

  1. der Halbbürgergemeinden mit Selbstverwaltung,

deren Bürger als cives Romani zwar in privatrechtlicher Beziehung (connubium, commercium) den Bürgern der Hauptstadt gleichstehen, hingegen, weil nicht in den Tribusverband eingereiht, an deren aktivem und passivem Wahlrecht (jus suffragii et honorum) nicht Teil nehmen. Diese öffentlich rechtlichen Befugnisse üben sie vielmehr als Bürger der eigenen Gemeinde nur in dieser als ihrem Heimatorte aus. Ihr doppeltes Bürgerrecht kommt zum Ausdruck in ihrer Doppelbezeichnung als cives Romani-Campani, cives Romani-Fundani u. s. f. Dass grundsätzlich auch diesen Gemeinden das Münzrecht abgehe, wurde von Mommsen anerkannt. Nicht minder richtig war es, wenn er Ausnahmen von dieser Regel zuliess. Die weitere Prüfung indess wird ergeben, dass in dem Masse, wie Mommsen sie konstatierte, die Ausnahmen nicht bestanden haben.

Das Halbbürgerrecht mit Selbstverwaltung wurde ausser zahlreichen latinischen Gemeinden im Jahre 338 v. Chr. auch einer Reihe campanischer Gemeinden, darunter in erster Linie Capua verliehen.

Empfohlene Zitierweise:
Ernst Justus Haeberlin: Zum Corpus numorum aeris gravis. Verlag der „Berliner Münzblätter“, Berlin 1905, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Systematik_des_%C3%A4ltesten_R%C3%B6mischen_M%C3%BCnzwesen.djvu/9&oldid=- (Version vom 31.7.2018)