Seite:Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau.djvu/89

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

doch Manchem unheimlich, aber keiner vermochte es, sich von der Stelle zu regen.

Plötzlich fing der Thorwart aus allen Kräften an zu blasen und ein Knecht stürzte mit verstörtem Gesichte und der Meldung herein: man höre vom Walde herauf Pferdegetrappel und sehe Lichter sich hin und her bewegen. Schon wollte der Burgherr voll Zorn über solche Störung sich erheben, als ein Windstoß alle Fenster aufriß, und die Lichter im Saale auslöschte. Während nun hier tiefe Nacht herrschte, wurde es vom Thale herauf um so heller; Blitze kreuzten sich, und der Donner rollte, als breche das jüngste Gericht herein. Das Grausigste aber war, was sich vor der Hütte des armen Kaspar ergab. Dort stampften vier rabenschwarze Rosse vor einem großen Wagen und hundert Riesenarme, die aus dem Boden hervorbrachen, waren damit beschäftigt, einen Baum emporzuheben. Die Früchte desselben aber waren feurig, wie Karfunkel, übrigens den Kirschen gleich. Endlich, nachdem der Baum sammt den Wurzeln auf den Wagen gebracht war, schwang sich ein, wie Kaspar gekleideter, Fuhrmann auf den Bock und voran ging’s in raschem Galopp. Der Burgherr zwang sich umsonst zu lachen, er brachte nur ein widerliches Grinsen hervor. Der Wagen aber schien den Boden nicht zu berühren, sondern über die Bäume hinzustreifen und ließ eine Flammenstraße hinter sich zurück. So flog er immer näher an die Burg heran, wo ihm auch das wohlverwahrte Thor keinen Widerstand leistete. Wie Papierblätter fielen dessen Flügel auseinander, und die Mauer rollte, wie ein Haufen Sand, in den Graben. So brauste der Wagen durch eine weit gähnende Spalte in den Saal selbst, mitten unter die vor Entsetzen halbtodten Gäste. Da stand also der befohlene Baum mit Früchten übersäet, aber Niemand wollte sich etwas davon zueignen. Der Fuhrmann aber rief mit Donnerstimme: „was zögert ihr, greift zu!“ und die Riesenarme

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Schreiber: Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau. Franz Xaver Wrangler, Freiburg 1867, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Volkssagen_der_Stadt_Freiburg_im_Breisgau.djvu/89&oldid=- (Version vom 31.7.2018)