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dem Meister selbst zu vindiciren[1]. Dieses farbenreiche, schöne Werk des Dosso Dossi gehört seiner frühern und besten Epoche an. Man betrachte nur wie liebenswürdig und edel die vor dem Gottvater sich verneigende Jungfrau gestaltet ist, wie lebendig in der Handlung die vier Kirchenväter, wie herrlich die Landschaft ist! Es wundert mich nur, daß einem so eminenten Vertreter der neuern deutschen Malerei, wie Herr Hübner ist, alle die Vorzüge dieses Bildes entgehen konnten. Nach dem bisherigen besitzt also die Dresdner Galerie elf Bilder des Dosso, ein zwölftes werden wir alsbald zu betrachten haben. Davon sind außerdem vielleicht die Nummern 131 und 134 von seiner eigenen Hand ausgeführt, die andern fünf aber von ihm erfunden und wahrscheinlich in Gemeinschaft des Girolamo Carpi und des Bruders Battista Dossi gemalt.

Keine andere Sammlung kann sich eines solchen Reichthums Dossi’scher Bilder rühmen, ja die meisten öffentlichen Galerien nicht nur Deutschlands sondern auch von England, Rußland, den Niederlanden, Frankreich und Spanien[2] besitzen nichts von diesem genialen Meister, so daß, wer dazu Lust und Liebe hat, außerhalb Italiens, nur in Dresden diesen Meister kennen lernen kann.

Außer von Dosso besitzt die Dresdner Galerie auch von seinem Nebenbuhler Benvenuto Tisi da Garofalo einige würdige und schöne Werke. Die Mehrzahl derselben


  1. Es stellt oben in einer Glorie Gottvater dar, der im Begriffe steht, die h. Jungfrau zu segnen. Unten stehen die vier Kirchenväter Gregorius, Ambrosius, Augustinus und Hieronymus.
  2. Die Münchener Pinakothek besitzt, wie wir bereits gesehen, nichts von Dosso, die Berliner Galerie dagegen ein echtes, aber sehr übermaltes Kirchenbild, die Galerie von Belvedere in Wien nur einen unbedeutenden h. Hieronymus, das Museum von Madrid nichts. Auch die National Galerie zu London hat, so viel ich mich erinnere, nichts nennenswerthes von ihm aufzuweisen, und die Louvre Galerie bietet dem Publikum unter No. 185 (Catalog von Villot, No. 167, Cat. von Tauzia) ein sehr restaurirtes Gemälde von Paris Bordone als Werk des Dosso.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/160&oldid=- (Version vom 31.7.2018)