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auf andern venezianischen Bildern aus der Schule der Bellini wieder, z. B. auf Werken des Catena, des Benedetto, Diana u. a. Dieser kuriose Kauz zeichnet sich auch Bartolommeo mezzo veneziano e mezzo cremonese, so auf einem Madonnenbilde im Palaste des Senators Grafen Martinengo zu Venedig. In der städtischen Galerie von Bergamo (Abtheilung Lochis) befindet sich ein Madonnenbildchen, Bartholomaeus venetus faciebat 1505 bezeichnet[1]. Vor vielen Jahren sah ich auch beim Grafen Giovanni Melzi zu Mailand ein Frauenporträt von diesem Meister. Ein jugendliches Weib hält einen kleinen Hammer in der einen und einen Ring in der andern Hand, während auf ihrem goldenen Armbande geschrieben steht: sfoza de la Ebra (sfoza bedeutet auf venezianisch foggia, d. h. Tracht, die Art sich zu kleiden). Das Kolorit glänzend, die Haarlocken wie von Messing. Die Inschrift lautete: Bartolomeo de Venecia. F. Herr Carew in London besitzt ebenfalls ein Porträt mit derselben Bezeichnung und der Jahreszahl 1506. Auch in der an interessanten Gemälden reichen Sammlung des Städel’schen Instituts zu Frankfurt begegnen wir unserm Bartolommeo Veneziano in einem Bilde, welches die Nummer 11a trägt und dort der florentinischen Schule zugeschrieben wird. Es stellt ein phantastisch gekleidetes, junges Weib dar, mit einem Blumensträußchen in der rechten Hand, einem reichen Medaillon am Halse, und einem Lorbeerkranze auf dem Kopfe. Auch an diesem Frauenkopfe sind die Haarlocken, wie auf dem Gemälde zu Dresden und dem Bildnisse beim Grafen Giovanni Melzi in Mailand, messingartig gedreht. Nach der


  1. Die Form und Bewegung der Hand ist auch in dieser Madonna ganz Bellinisch; die Lideröffnung noch sehr hart, die Form des Ohres mehr an Gentile denn an Giovanni Bellini erinnernd, die Bewegung des den Fuß des Christkindes stützenden Armes der Maria steif und ungelenk, die Wolken am Himmel baumwollenartig, das Kolorit endlich glänzend und von großer Harmonie.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 164. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/183&oldid=- (Version vom 31.7.2018)