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sich des Merkurstabes als Monogramm bedient habe, kann ich leider nicht entscheiden, da mir hierzulande keine Sammlung zu Gebote steht, in der alle oder doch die größere Zahl seiner Kupferstiche enthalten wäre. So mögen andere die Antwort auf diese Frage finden. Mir genügt es, hier, wenn auch nur flüchtig, meine Leser auf mehrere Kunstwerke aufmerksam gemacht zu haben, welche meiner Ansicht nach dem Barbari angehören und welche dazu angethan sind, diese nicht uninteressante Künstlergestalt in einer bessern und schärfern Beleuchtung erscheinen zu lassen. Barbari war, seinen Gemälden und Stichen nach zu urtheilen, eine sanfte, weiche, schwankende Künstlernatur. Um 1501 scheint er bereits in Nürnberg ansäßig zu sein, und in diesen ersten vier Jahren des 16. Jahrhunderts kam er dann mit Dürer in nähere Berührung und hat auf diesen Reisen in der Kunst einen Einfluß ausgeübt, den wir sowohl in mehreren Dürer’schen Stichen als auch in einigen Gemälden aus jener Zeit deutlich wahrnehmen[1].

Im Jahre 1511 wurde er in Brüssel von der Erzherzogin Margarethe, Regentin der Niederlande, in Betracht seines „hohen Alters und seiner Gebrechlichkeit“, pensionirt, und 1516 war Jacopo de’ Barbari bereits verstorben[2].

Die chronologische Folge, welche wir in der Musterung der in diesen Sälen enthaltenen Gemälde venezianischer Meister angenommen haben, führt uns nun auf die vom Kataloge dem Giorgione zugedachten Bilder – ich halte


  1. Siehe darüber Thausing a. a. O. S. 222–235.
  2. Leider wurde ich auf den interessanten Artikel, den Herr Charles Ephrussi in der Gazette des beaux arts (Jahrg. 1876) veröffentlichte, zu spät aufmerksam gemacht, um davon für meine eigenen Studien profitiren zu können. Es freut mich aber sehr, daraus zu entnehmen, daß auch dieser strebsame und intelligente Kunstforscher der Meinung ist, daß Jacopo vor dem Jahre 1494 Nürnberg besucht haben muß (S. 374), und zweitens, daß der Venezianer wahrscheinlich daselbst von Wohlgemuth die Technik der Stecherei erlernt haben dürfte (S. 376 und 378).
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/197&oldid=- (Version vom 31.7.2018)