Seite:Die Werke italienischer Meister (Morelli).pdf/246

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Weise die Hand des D. Campagnola verräth. Auch in der Sammlung des British Museum dürften die Zeichnungen unter den Nummern 138 und 136 im Braun’schen Kataloge wohl eher dem Campagnola als Tizian angehören. Auf der ersteren sind zwei liegende Männer bei einem Dorfe, auf der anderen sind Kinder dargestellt.

Von dem heitern und wenn auch nicht großartigen, so doch stets würdevollen Paolo Veronese, diesem liebenswürdigen, zwar manchmal spanisch-prunkhaften, allein nie unedeln Commödiendichter, besitzt die Dresdner Galerie vier seiner besten Bilder, von denen zwei zudem auch trefflich erhalten sind. Wohl in keiner öffentlichen Sammlung der Welt, selbst die des Louvre und die Venedigs nicht ausgenommen, ist Paolo Caliari so gut vertreten wie hier. Beiläufig bemerke ich, daß die Skizze zum Bilde No. 301, worauf die Familie Cocina dargestellt ist, wie sie von den allegorischen Gestalten der Liebe, des Glaubens und der Hoffnung der Madonna empfohlen werden, in der Sammlung der Handzeichnungen der Uffizigalerie zu Florenz sich befindet, dort unter Tizian’s Namen[1].

Die h. Familie, No. 318, wird von Herrn Hübner dem Sohne Paolo’s, dem Carletto Caliari, zugeschrieben; der verstorbene Guarienti hatte jedoch meiner Ansicht nach nicht so ganz unrecht, wenn er darin die Hand Gabriel’s, des Bruders von Carletto, wahrnahm. Es ist sehr schwer, ja wohl unmöglich, in den Atelierwerken des Paolo Veronese die verschiedenen Hände, die daran gearbeitet, genau zu erkennen und von einander zu unterscheiden.

„Dunque come da me disegnato, (schreibt Benedetto Caliari an seinen Gönner Giacomo Contarini[2] da Carlo abatiato (untermalt) e da Gabriel finito, prego lo accetti, e lo vegga come genio suo, concetto nelle nostre menti.“


  1. Von Philippot photographirt: No. 415.
  2. Siehe Gaye, Carteggio, II, 551.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/246&oldid=- (Version vom 31.7.2018)