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Bronzetellers unsere ganze Aufmerksamkeit verdient. Diese prachtvolle Zeichnung stellt den auf einem von zwei Meerpferden gezogenen Wagen sitzenden Neptunus dar; dem Seegotte folgen Najaden, auf Delphinen reitend, Amoretten, von Meerungeheuern getragen, Silen auf einer Seeschildkröte, Meerrosse von Centauren geführt u. s. w., kurz, ein ganz Homerisches Bild. Diese herrliche Zeichnung, zuerst leicht mit dem Röthel skizzirt und sodann mit der Feder übergangen und ausgeführt, soll nach Passavant jene sein, die Raffael laut Vasari für seinen Gönner, den reichen sienesischen, in Rom ansäßigen Kaufmann Agostino Chigi fertigte, um sie von Cesarino Rosetti aus Perugia in Metall ausführen zu lassen. Ebenfalls vortrefflich ist die Federskizze zur Gestalt einer Eva. Von großem Interesse ist auch die leicht mit der Feder hingeworfene Zeichnung der kämpfenden Reiter, eine etwa im Jahre 1504 vom jungen Raffael gemachte Studie nach dem berühmten Karton von Lionardo da Vinci.

Alle drei eben bezeichneten Zeichnungen wurden von Braun photographirt und führen die Nummern 74, 75, 79 seines Katalogs.

Wir kommen nun zu den Handzeichnungen italienischer Meister, die in Mappen aufbewahrt werden.

Die Venezianer.

Mappe I.

Die „Rückkehr des verlornen Sohnes“ (?), eine leicht mit der Feder hingeworfene Skizze des Domenico Campagnola[1].

Unrichtig bezeichnet scheinen mir wieder die beiden


  1. Die Federzeichnungen des Domenico Campagnola scheinen schon zu seinen Lebzeiten von den Kunstfreunden geschätzt und daher gesucht gewesen zu sein. Der Anonymus des Morelli erwähnt deren mehrere, z. B. (s. S. 25 und 152) in casa de M. Marco da Mantova, Dottore: li paesi in tela grandi a guazzo, e li altri in fogli a penna sono de man de Domenego Campagnola.
    Einige echte Federzeichnungen des Domenico Campagnola in der Uffizisammlung hat Philipot in Florenz photographirt; dieselben führen die Nummern 1045 und 1341 in seinem Katalog. Auch mögen meine jungen Freunde den Stich des „Bethlemitischen Kindermords“ vom Jahre 1517 von Domenico Campagnola sich genau ansehen. Im Louvrekataloge (Notice des dessins etc.) des Herrn Reiset gehört meiner Ansicht nach dem D. Campagnola auch das Urtheil des Paris (Federzeichnung), Tizian zugeschrieben (No. 375).
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/280&oldid=- (Version vom 31.7.2018)