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bringen, die als Privatsammlung heutzutage schwerlich ihresgleichen haben dürfte.

Als im Jahre 1821 die preußische Regierung den glücklichen Griff that, die Solly’sche Sammlung an sich zu bringen, bestand dieselbe aus beinahe 600 Bildern, darunter die berühmten van Eyck, die köstliche Madonna aus der Frühzeit Raffael’s, mehrere treffliche Werke von Francia, Filippo und Filippino Lippi, D. Ghirlandajo, Botticelli u. s. w. Diese Solly’schen Bilder bilden den Grundstock der italienischen Sammlung in der Galerie von Berlin[1].

Wenn die Acquisition der Solly’schen Bildersammlung der Klugheit der preußischen Regierung zu großer Ehre gereicht, so muß doch auch, wenn von der Bildung der Kunstsammlungen Berlins im Allgemeinen die Rede ist, das lebendige und durch feine Bildung geläuterte Interesse für die Kunst bei den Gliedern des preußischen Königshauses in Anschlag gebracht werden.

Wenn kompetente Kunstforscher, wie Baron von Rumohr, der ja zur Verschönerung und Bereicherung der Berliner Sammlung so viel gethan, in Berlin zu Rathe gezogen wurden und stets Gehör fanden, so war dies nicht etwa das Verdienst der Bureaukratie, sondern es war dies das persönliche Verdienst des damaligen geistvollen Kronprinzen. Andrerseits sorgte die Regierung allerdings stets dafür, daß die Leitung der Kunstsammlungen nur tüchtigen, bewährten Kunstforschern anvertraut wurde, während


  1. Ein gutes Dritttheil dieser italienischen Bilder wurde von einem gewissen Abate Massinelli, einem rührigen und gescheiten Bilderspekulanten aus Bergamo, zum Theil von Kirchen, zum Theil von Privaten in ganz Oberitalien zusammengekauft und, ehe sie in die Hände des englischen Sammlers gelangten, im Atelier des Bilderrestaurators Giuseppe Molteni in Mailand je nach Bedürfniß, sei es bloß einer Reinigung, sei es auch einer Restauration, unterstellt. Diese Notiz wurde vor vielen Jahren vom seligen Maler Molteni selbst dem Schreiber dieser Zeilen mitgetheilt.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 269. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/288&oldid=- (Version vom 31.7.2018)