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eins vom Jahre 1502, ein anderes mit der Jahreszahl 1504 bezeichnet. Lorenzo Costa siedelte schon im Jahre 1483 von Ferrara nach Bologna über. Man behauptet gewöhnlich, Francia habe möglicherweise höchstens die Technik des Malens von ihm erlernt, dagegen soll er, einmal Herr und Meister des Pinsels geworden, wiederum überwältigend auf Lorenzo Costa zurückgewirkt haben. Jeder vorurtheilsfreie Kunstfreund, der die hiesigen zwei Bilder des Costa aus den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts[1] mit seinen großen Temperabildern aus dem Jahre 1488 in der Kapelle Bentivoglio (Kirche S. Jacopo maggiore) in Bologna vergleicht, wird schwerlich in Abrede stellen können, daß aus allen diesen Gemälden, die doch einen Zeitraum von etwa sechzehn Jahren umschließen, stets der nämliche Charakter herausschaut. In der Kapelle der h. Cäcilie (bei S. Jacopo maggiore in Bologna), wo in den Jahren 1505 und 1506 beide Meister neben einander gemalt, bleibt man vor jenen herrlichen Fresken ungewiß, ob Costa mehr dem Francia oder aber dieser dem Costa mehr abgelauscht habe.

Die Municipaleitelkeit der Bolognesen ging jedoch so weit, daß einige ihrer Localschriftsteller bei dem großen Altarbilde, jetzt im Chore von S. Giovanni in Monte in Bologna aufgestellt[2], wo sie die Ausführung dem Costa


  1. Das eine dieser Bilder, „die Darstellung Christi im Tempel“, trägt die Nummer 112; das andere, „die Beweinung Christi“, die Nummer 115. Diesem letztern Bilde des L. Costa hat der Maler Niccolò Pisan in seiner „deposizione di croce“, No. 122 in der Pinakothek von Bologna, gar vieles entlehnt. Bei dieser Gelegenheit möge es mir erlaubt sein, den Herren Cr. und Cav. (II, 455) zu bemerken, daß Niccolò Pisan zuerst Nachahmer des Costa und später des Garofalo (siehe sein Bild No. 194 in der Breragalerie) gewesen ist, aber nicht mit dem viel altern Cremoneser Maler Niccolò Soriani, wie es ihnen passirt, zu verwechseln ist. Niccolò Pisan war Bolognese und wirkte beiläufig vom Jahre 1504 bis 1538. (Siehe über denselben: Gualandi, memorie originali italiane, risguardanti le Belle arti, Serie Ia, p. 34.)
  2. Dies Bild stellt die Krönung Mariae mit sechs Heiligen dar.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/293&oldid=- (Version vom 31.7.2018)