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der Könige“ (No. 260), seine „Grablegung“ (No. 262) und seine „Verkündigung“ sind ganz gute Bilder, vor denen man den Meister richtig kennen lernt. – (Ueber diesen Meister verweise ich meine jungen Freunde auf meinen Aufsatz über die Borghese Galerie, in der von Lützow’schen „Zeitschrift für bildende Kunst“).

Wir kommen nun zu den eigentlichen Bolognesen, einer Völkerschaft, die lange Zeit in der Kunst durchaus von den Ferraresen abhängig blieb. Ihre Maler aus dem 14. Jahrhundert und der ersten Hälfte des folgenden, wie der s. g. Crocefissaio, Jacopo Avanzi, Lippo Dalmasio u. a. m. sind sehr untergeordnete Künstler, den Veronesen Altichiero und Vittore Pisano, oder gar den gleichzeitigen Senesen und Florentinern gegenübergestellt. Ihr Marco Zoppo ist eigentlich nur eine Carrikatur seines Lehrers Squarcione und verweilte überdies den größten Theil seines Lebens in Venedig. Erst um das Jahr 1470 durch die von den Bentivogli nach Bologna berufenen Ferraresen Francesco Cossa, Galasso Galassi, Ercole Roberti und namentlich durch Lorenzo Costa (1483 bis 1509) wurde die ältere bolognesische Malerschule (die s. g. Schule des Francia) gegründet. Sehen wir uns z. B. die Nielloarbeiten des Francesco Raibolini an, welcher bis ungefähr um 1490 Goldarbeiter geblieben war, so finden wir in denselben keine Spur jenes Stils, den er später durch die Berührung mit Lorenzo Costa in seinen Gemälden entwickelte.

Auch diese ferraresisch-bolognesische Malerschule ist in der Berliner Galerie ziemlich vollständig repräsentirt durch die Meister Francesco Raibolini, Francia genannt, und dessen Söhne Giacomo und Giulio Francia, durch Amico Aspertini, Girolamo Marchesi, Bartolommeo Ramenghi und Innocenzo Francucci.

Zur großen Zierde dieser Sammlung gehören nun vorerst einige Werke aus der kräftigen, herben Frühzeit des edeln, in seinen Formen stets reinen und geschmackvollen

Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 282. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/301&oldid=- (Version vom 31.7.2018)