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der h. Cäcilie, vom Jahre 1506[1], für seine Erstlingswerke, während sein „tirocinium“ bezeichnetes großes Altarbild (in der bolognesischen Pinakothek) ohne allen Zweifel einer viel frühern Epoche angehören muß. Auch schreiben sie diesem bolognesischen Meister das eine (No. 573) der zwei Bildchen im Museo von Madrid zu, welche im Kataloge des Don Pedro Madrazo der altumbrischen Schule zugewiesen sind, mir aber als untrügliche Werke des Baldassare Peruzzi erscheinen aus seiner Frühzeit, nämlich, da er noch unter dem Einflusse des Pintoricchio malte, wie z. B. in seinen Fresken in S. Onofrio in Rom[2]. Das andere Bildchen (No. 574) ließen die Historiographen unbeachtet (I, 576). Wie wir aus den Fresken in S. Onofrio zu Rom wissen, malte Baldassare Peruzzi, ehe er sich den Soddoma zum Vorbilde wählte, unter dem Einflusse und der Leitung des Pintoricchio.

Von des Francia Söhnen und Schülern Giacomo und Giulio befinden sich mehrere Bilder in dieser Sammlung. Die „Keuschheit“ (No. 271) gehört der Frühzeit des Giacomo an und wurde wahrscheinlich nach einer Zeichnung des Vaters von ihm gemalt. Auch „Maria mit dem Kinde und dem h. Franciscus“ (No. 293) ist ein frühes Werk des Meisters. Im großen Bilde „Maria als Himmelskönigin“ (No. 287) scheinen mir die Heiligen Franciscus und Johannes der Täufer die Hand des jüngern Bruders Giulio zu verrathen.

In des Giacomo Bildern aus den dreißiger Jahren


  1. Bei der im Jahre 1875 stattgehabten Reinigung der Fresken der Kapelle der h. Cäcilie entdeckte man auf dem einen der Gemälde des Lorenzo Costa die Jahreszahl 1506. Die ganze Kapelle war also vollendet noch vor dem Einzuge Julius’ II. in Bologna.
  2. Die zwei Bildchen im Museo von Madrid, wahrscheinlich Cassoni, stellen das eine (No. 573) den Raub der Sabinerinnen dar, einen Gegenstand, den B. Peruzzi auch in seiner zweiten oder Soddoma’schen Periode behandelte (in einem Bilde, das Fürst Mario Chigi in Rom besitzt), das andere (No. 574) die „Enthaltsamkeit des Scipio.“
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/303&oldid=- (Version vom 31.7.2018)