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haben die letztere Kunst nur zur Ausschmückung und Verschönerung ihrer Bauten in Anwendung gebracht. Auch scheinen mir beide z. B. in der Art und Weise, wie sie ihre Köpfe modelliren, große Aehnlichkeit mit einander zu haben.

Wie von Melozzo, zum Theil wenigstens, der Veroneser Falconetto in seiner Kunst herkommt, so von[WS 1] Bramante der Mailänder Bartolommeo Suardi, Bramantino genannt. Auch diese zwei nordischen Schüler der Urbinaten waren mehr Architekten als Maler oder wenigstens als solche mehr Decorationsmaler. Ein Vergleich dieser beiden Künstler unter einander und mit dem Sienesen Baldassare Peruzzi, der ja ebenso, wie sie, Architekt und Decorationsmaler war, möchte nicht ganz ohne Interesse für den Entwicklungsproceß der italienischen Kunst sein, doch ich sehe, daß hier nicht der passende Ort ist, diesen Vergleich durchzuführen. Wenden wir uns daher vom Rubicon wieder abwärts der adriatischen Meeresküste entlang, wo wir vergebens nach einem Heerde der Kunst uns umschauen würden. Um einen solchen wieder aufzufinden, sind wir gezwungen dem Meere den Rücken kehrend ins nahe Gebirge hinaufzusteigen, nach Urbino, Fabriano, Gubbio und Sanseverino.

Von den Malern aus Urbino besitzt die Berliner Galerie keine Werke, weder von Fra Carnevali noch von Giovanni Santi, dem Vater Raffael’s, weder von Girolamo Genga noch von Timoteo Viti. Der Katalog schreibt zwar noch immer einen sich kasteienden h. Hieronymus (No. 124) und eine thronende Madonna mit dem Kinde und Heiligen diesem Meister zu, wie mich dünkt, aber mit großem Unrecht.

Der kleine Hieronymus hat durchaus den Charakter der Peruginischen Malerschule und nähert sich der Weise des Giovanni Spagna, hat somit mit Timoteo Viti, der zur Schule des Francia gehört, gar nichts zu schaffen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. fehlendes Wort ergänzt. Siehe: UB Heidelberg
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/308&oldid=- (Version vom 31.7.2018)