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Von all den ebengenannten umbrischen Malern aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts besitzt, dem Kataloge nach, die Galerie von Berlin kein Werk; wir versparen uns daher die Besprechung der transapenninischen Kunstschulen Umbriens für eine andere Gelegenheit und gehen nun zur Betrachtung der in diesen Sälen aufgestellten Bilder aus der Kunstschule Perugia’s über.

Baron von Rumohr war wohl der erste, der diese umbrische Schule folgendermaaßen charakterisirte (Italienische Forschungen II, 310): „Diese umbrischen Malerschulen hatten seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, vielleicht schon ungleich früher(?), durch Tiefe und Zartheit des Gefühls, durch eine wunderbare Vereinigung halbdeutlicher Reminiscenzen aus den Kunstübungen der ältesten Christen mit den Vorstellungen der neuern über ihre toskanischen, lombardischen und venezianischen Zeitgenossen, ungeachtet vieler technischen Unvollkommenheiten, einen geheimen Reiz voraus, dem, wie ich wahrzunehmen glaube, jedes Herz sich öffnet; obwohl ihre, an sich selbst schöne und lobenswerthe Stimmung, auf die Länge durch Einförmigkeit zu ermüden pflegt. Woher eben diesem engen Bezirke Italiens eine so ganz eigenthümliche Richtung gekommen sei, habe ich oben, dort freilich ohne zulängliche Beweise, aus der Einwirkung des Sienesers Taddeo di Bartolo auf den Bezirk von Perugia zu erklären versucht; eines Malers, welcher unter allen Umständen zuerst jene Richtung eingeschlagen hat.

„Indeß dürfte hier auch die Lage jener kleinen Ortschaften in Betracht kommen, welche den Hügel von Assisi, die geweihte Stätte des h. Franz, umkränzen und in so großer Nähe des Mittelpunktes seiner Stiftung bereitwilliger sein mußten, sich den Ansichten und der Stimmung hinzugeben, welche diesen Orden beherrschen und unläugbar mitgewirkt haben, die neuere Malerei ihrer Höhe entgegenzuführen(!). Es zeigte sich jene Richtung zunächst nicht in Perugia, wo um die

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Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/314&oldid=- (Version vom 31.7.2018)