Seite:Die Werke italienischer Meister (Morelli).pdf/341

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sie folgendermaßen: Nummer 34, „drei nackte Figuren, von denen die zur Linken eine Fahne führt; die zwei andern zur Rechten mit Panzern und Lanzen vertheidigen sich gegen einen sie angreifenden Reiter. Federskizze, sehr lebendig und geistreich.“ Selvatico (Rahmen 17,6 und 22) bemerkt bloß „sehr lebendige Skizze“ – und zu No. 22 „sehr sichere Zeichnung, die die breiteste Manier Raffael’s an den Tag legt.“

Außer diesen zwei Skizzen von Raffael finden wir in der Sammlung von Handzeichnungen in Venedig noch zwei von Antonio del Pollajuolo; es sind zwei leicht getuschte s. g. Aktstücke, beide Zeichnungen jedoch übergangen und daher verdorben. Passavant, Nummer 25 und 26, nimmt dieselben, was wirklich fast unglaublich erscheint, für Zeichnungen Raffael’s an und beschreibt sie ganz ruhig als solche in seinem Kataloge der Raffaelischen Zeichnungen in der Sammlung von Venedig. Die eine dieser verdorbenen Pollajuolozeichnungen stellt einen nackten, stehenden, mit der Rechten auf ein Gesimse sich stützenden Mann dar; die andere einen ebenfalls nackten Alten in sitzender Stellung und in der linken Hand eine Kugel haltend, während sein rechter Arm ausgestreckt ist.

Nebst diesen vier Zeichnungen, die also zwei anderen Meistern angehören, dem Raffael nämlich und dem Antonio del Pollajuolo, finden wir unter den Zeichnungen des Pinturicchio zwei, welche Nachbildungen nach dem berühmten Stiche des Mantegna „il deposto di croce“ sind und mehrere, an denen man sieht, daß Pinturicchio später sich auch den Luca Signorelli zum Vorbilde genommen, und ebenfalls etliche, die Kopien nach Zeichnungen seines Lehrers Perugino zu sein scheinen.

Wie ich nun, scheint mir, zur Genüge bewiesen habe, gehört die größte Zahl dieser schönen Federzeichnungen in Venedig, welche der verstorbene Professor Bossi zuerst als von der Hand Raffael’s erklärte – eine vorgefaßte Meinung,

Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/341&oldid=- (Version vom 31.7.2018)